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„Rückführung heißt Abschiebung“

■ Grüne Flüchtlingspolitiker kritisieren Bosnier-Rückführung bosnischer Flüchtlinge als „Abschiebung“

Drei Schwerpunkte diskutierte die Konferenz der Bundesarbeitsgemeinschaft „Flüchtlinge und Immigranten“ von Bündnis 90/Die Grünen bis gestern in Bremen. Am Ende der zweitägigen Arbeitskonferenz verabschiedeten die rund 50 Delegierten, die Hälfte davon MigrantInnen, die künftigen Arbeitsschwerpunkte in der bündnisgrünen Flüchtlings- und Migrantenpolitik.

Drängendstes Thema – neben der Visumsverordnung für minderjährige ausländische Jugendliche – war bei der Tagung im Bürgerhaus Weserterrassen die Rückführung von Flüchtlingen nach Bosnien-Herzegowina. Von „Freiwilligkeit“ bei der Rückkehr nach Bosnien könne angesichts der um 20 Prozent gekürzten Hilfe zum Lebensunterhalt nicht gesprochen werden, faßte der Bremer Abgeordnete Arendt Hindriksen das Votum der Versammlung zusammen. Gegen eine solche Auffassung sprächen auch die – nach dem Schengener Abkommen – eingeschränkten Reisemöglichkeiten für bosnische Flüchtlinge in Europa.

Heftig kritisiert wurde auch die jüngste Visumsverordnung aus dem Hause von Bundesinnenminister Kanther. Der Visumszwang für minderjährige ausländische Jugendliche konterkariere sämtliche Erfolge bei den Integrationsbemühungen der Länder, so Hindriksen. Die angedeutete Bremer Kompromißlinie einer „kostenlosen“ Abwicklung der Visums- und Aufenthaltserteilung sei eine „glatte Mogelpackung“, die abgelehnt werden müsse. Daß ausgerechnet Bundesinnenminister Manfred Kanther „zum Koordinator des Europäischen Jahres gegen den Rassismus gemacht wurde, kann nur als Mißgriff bezeichnet werden“, unterstrich auch der Wiesbadener Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft, Ozan Ceyhun. Beide Sprecher der Arbeitsgemeinschaft erwarten nach einer juristischen Prüfung Aufschluß darüber, ob die Visumspflicht für Jugendliche nicht gegen europäische Kinderrechtskonventionen verstoße.

Ein dritter Schwerpunkt der Flüchtlingstagung, die Positionen der Grünen/Bündnis 90 zur Situation „Illegaler“ in Deutschland, hatte jedoch nur zukunftsweisenden Charakter. Vor dem Hintergrund mangelnder Daten über die Zahl der „Illegalen in Deutschland“, bei gleichzeitiger starker Polemik insbesondere seitens der CSU, sei bei dieser Debatte Vorsicht geboten. Nur ein Zusammenschluß von Sozial- und Arbeitspolitikern könne eine umfassende Argumentationslinie erstellen.

ede

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