: Wird Hitzfeld seine Maschine modifizieren?
■ Noch weiß Dortmunds Trainer nicht, ob ihm Paulo Sousa wirklich helfen kann
Berlin (taz) – Von der Sonne in stechendes Gelb getaucht erschien im Mittelkreis des Berliner Olympiastadions – Matthias Sammer. Der Zweikampf-Mann. Aggressiv wirkt er. Oder anders gesagt: Sein Streben gilt dem Ball, immer dem Ball. Und er kriegt ihn immer. Fast immer. Kantig, aber kontrolliert scheint er Herr über seine Zeit und den Raum. Das täuscht natürlich, sieht aber so aus. Diesmal war es so, daß Dortmund einen Freistoß bekam, Sammer sich gen ruhenden Ball bewegte – und die anderen Borussen auf ihre Plätze huschten.
Einer nicht. Der eilte diesen Samstag beim Testspiel-0:0 gegen Hansa Rostock auch zum Ball. Das war Paulo Sousa (26). Der Portugiese hatte in Dortmund im August kaum angefangen, als er sich auch schon an der Patella-Sehne des linken Knies operieren lassen mußte. Jetzt ist er zurück – und sucht seinen Platz im Team. Eine Garantie hat ihm Ottmar Hitzfeld aber nicht ausgestellt.
Die Zeiten, in denen man über viele Spieler zu sagen pflegte, man könne auf ihn nicht verzichten, sind in Dortmund bekanntermaßen vorbei. Der Nationalspieler Andreas Möller, immerhin, wird vom Trainer als „sehr wichtiger Mann“ bezeichnet. Ohne ihn, das ahnte man in Berlin, organisiert sich die kühl arbeitende Borussia- Maschine zu Tode. Anders sieht das mit ihm aus, einem gesunden Sammer – und halblinks versetzt dazwischen Sousa.
Doch was genau wird letzterer tun zwischen den beiden Entscheidungträgern? Und noch wichtiger: Was lassen?
„Er muß“, sagt Hitzfeld, „erst mal hundertprozentig fit werden.“ Und dann? „Danach ist der ein Bindeglied zwischen Abwehr und Möller.“ Dieser Mann ist vorsichtig! Ein Glied, sagt er über den Fußballer, der Juventus Turin zum Gewinn der Champions League verhalf und seinem Nationalcoach Artur Jorge der „vielleicht kompletteste Fußballer Europas“ ist.
Zu sehen war, wie Sousa die Bälle fordert, wie er sich immer zum Ball bewegt. Er soll die ganzen Bälle kriegen und verteilen? Dazu, sagt Hitzfeld, „haben wir ihn gekauft“. Im Moment schlägt er noch vorzugsweise Haken nach hinten wie Schuster oder Häßler in trüben Phasen. Sousa, glaubt aber Hitzfeld, habe eine „geniale Intuition“. Klar ist: Sousa muß sich als Teil der Borussen-Organisation – wie Sammer das perfekt macht – die Bälle in seinem Bereich auch mal selbst besorgen. Anzunehmen ist auch: Borussia spielt anders mit als ohne Sousa. Wenn es klappt, erhofft sich Hitzfeld eine „gravierende Qualitätsverbesserung“.
Wie gesagt: Heißen muß das nichts. Nur soviel: Hitzfeld verläßt sich nicht auf ihn, aber er rechnet mit dem Portugiesen. Daß der Titelverteidiger allerdings zum Rückrundenauftakt diesen Freitag gleich den Dritten Leverkusen spielen muß, kommt ihm nicht gelegen. „Mir wäre eine schwächere Mannschaft lieber gewesen, um in den Rhythmus zu kommen.“ Den modifizierten Sousa-Rhythmus? „Die Aufstellung“, sagt Hitzfeld, „werde ich erst am Donnerstag im Kopf haben.“
Ob Sammer spielen soll, wird sich sein Trainer nicht erst überlegen müssen. Mit sieben Einsätzen schaffte der Libero in der Vorrunde nur unwesentlich mehr als Sousa (drei). Nun aber hat er seinen Körper ganz offensichtlich wieder in Sammer-Form gebracht. Zur Halbzeit ging er in Berlin raus, leider, „ein leichtes Ziehen im Oberschenkel“, hatte er Hitzfeld signalisiert. Es ist so: „Mit zehn Maradonas“, das hat Sammer angeblich in Richtung Sousa gesagt, „wirst du nicht Meister.“ Mit zehn Sammers auf jeden Fall. Den Freistoß ließ er im übrigen Sousa ausführen. Das sollte dem Hoffnung geben. Peter Unfried
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