: Helmut Schmidt hat nicht geschwiegen
■ betr.: „Berufsverbote, hysterische Kampagnen, Kontrollen“, taz vom 28. 1. 97
In der taz schreibt Herr Christian Semler, Willy Brandt habe den Extremistenerlaß (von Semler als „Radikalenerlaß“ bezeichnet) später als Fehler erkannt, Schmidt aber schweige darüber. Die erstere Behauptung ist zutreffend, die letztere Behauptung ist unzutreffend. Tatsächlich habe ich mich 1972 von Anfang an gegen den Erlaß ausgesprochen, und 1979 habe ich für die Bundesregierung die Regelanfrage aufgehoben. In meiner Rede auf dem Kant-Kongreß der Friedrich-Ebert-Stiftung im März 1981 habe ich diese Aufhebung erneut öffentlich begründet, dort findet sich auch dieser Satz: „Junge Menschen dürfen nicht diskriminiert werden – genauso wenig wie alte – wenn sie von einem Grundrecht Gebrauch machen.“
Semlers Kommentierung, man dürfe den Erlaß „...nicht in erster Linie als Konzession der sozialliberalen Regierung an das konservative Lager interpretieren. Er war Fleisch vom Fleisch der damaligen Sozialdemokratie“, entspricht ebenfalls nicht den Tatsachen. Ich habe über den wirklichen Hergang berichtet in „Weggefährten“ (bei Siedler, 1996), S. 442/443: „...das Motiv war jedenfalls, der CDU/ CSU das Argument zu nehmen, Brandt lasse es zu, daß der öffentliche Dienst von Kommunisten und fellow-travelers unterwandert würde.“ An gleicher Stelle findet sich übrigens auch meine 1972 gegebene Begründung meiner Ablehnung des Erlasses. Helmut Schmidt
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