■ Scheibengericht: Schäl Sick Brass Band
Majno un (Network/2001)
Erst in der Fremde wird einem die Prägung durch die eigene Herkunftskultur so richtig bewußt. Manche wenden sich identitätskrisengeschüttelt in ihrer Sehnsucht nach Vertrautem sogar Dingen zu, von denen sie früher, zu Hause, nie etwas wissen wollten. So muß es dem Bayern Raimund Kroboth gegangen sein, als er nach Köln zog und urplötzlich Heimweh nach bayerischer Waldzither und Blasmusik verspürte, wie auch der Iranerin Maryam Akhondy, die sich mit persischem Tasnif-Gesang zu beschäftigen begann. Die Begegnung der beiden führte zur Gründung der Schäl Sick Brass Band, einem Bläserensemble, das mit karnevalistischem Elan persische Poesie mit Maultrommel begleitet und Fela Anakapulo Kuti auf Jacques Offenbach treffen läßt.
Was sich nach Körperverletzung auf Kölsch anhört, klingt streckenweise wie eine Janitscharenkapelle auf Acid, insgesamt aber erstaunlich stimmig und harmonisch. Bisher schon den Rang von Lokalmatadoren einnehmend, dürfte den kosmopolitischen Erneuerern des Kölner Faschings bald überregionale Aufmerksamkeit sicher sein. Bis Aschermittwoch zumindest.
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