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: Der Song als Steinbruch – Dub Syndicate im Knaack-Club

Dub Syndicate waren über all die Jahre ... ja, wie soll man das eigentlich nennen? Ein Projekt? Vielleicht nur eine Rhythmuscombo? Oder doch so etwas wie eine Band? Nun schon ungefähr zwei Jahrzehnte haben sie im guten Babylon – also die bekannte Welt außerhalb von Jamaika – das Fähnlein des Dub hochgehalten, auch wenn zwischenzeitlich niemand etwas davon wissen wollte.

Schlußendlich ist der Erfolg so berauschend wie einer dieser endlosen Riddims, die sie in der Lage sind zu spinnen. Bass, Bass, Bass, immer wieder Bass. Jungle hat viel, wenn nicht alles von Dub gelernt, und auch wenn all die jungschen Tänzer im Schweiße ihres Angesichts nichts davon wissen mögen, eigentlich brauchen sie ihre Aufputschmittel, weil da jemand einen Dub ein paar Nummern zu schnell hat laufen lassen. Das, was heute allgemein auf den Tanzböden dieser Welt stattfindet, hat zum guten Teil erst Dub möglich oder doch zumindest vorgemacht. Daß ein Song kein heiliges Ganzes ist, kein schützenswertes, weil authentisches Werk eines autonomen Künstlers, sondern vor allem ein großer Steinbruch, Verfügungsmasse ist, die man nach Herzenslust bearbeiten, verändern, eben remixen kann, ist das Grundprinzip von Dub, ohne das HipHop, Techno, TripHop und eben Jungle nicht denkbar wären.

Die Anfänge von Dub Syndicate liegen ein wenig im dunkeln, weil sie erst Anfang der 80er begannen, eigene Platten herauszubringen. Bis dahin waren sie so etwas wie ein Deckname für die Musiker um den rührigen Adrian Sherwood, der mit Hilfe seines On-U-Labels zur zentralen Figur des Dub wurde. Aber auch ohne ihn war längst London zur Hauptstadt der verlangsamten Bässe geworden, weil auf Jamaika fast nur mehr Dancehall gemacht wurde. Fortan spielten Dub Syndicate die Rhythmen für Hinz und Kunz, und wenn Kaffeepause im Studio war, jammten sie selbst ein wenig los. Sherwood legte dann noch ein paar Overdubs drüber, ob nun Toasting von Gott Lee „Scratch“ Perry selbst oder auch schon mal ein paar Sätze von Immer-noch-Beatnik Allan Ginsberg.

Zur Liveband mit halbwegs deutlichen Konturen wurde Dub Syndicate erst vor etwas mehr als fünf Jahren. Seitdem hat Lincoln Scott die Dinge unter Kontrolle. Nur selten tut der ehemalige Chef noch mit und fehlt auch auf dieser Tour. Aber auch der Rest der Besetzung liest sich wie ein Zentralkomitee des Dub. Die Musiker, die Scott diesmal mitbringt, haben gespielt für Peter Tosh, Black Uhuru, Inner Circle, Ziggy Marley, Sly & Robbie, Lee Perry, Bunny Wailer und African Headcharge. Thomas Winkler

12.2., 21 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224, Prenzlauer Berg