Hansetor: Dreck bis in die Tiefe

■ Tiefenbohrung belegt: Unter der Wohnsiedlung sind vier Meter Boden und das Grundwasser verseucht / Umweltbehörde und Baufirma Interhomes feilschen über Sanierungskosten

Der Grund unter der Wohnsiedlung Hansetor in Hemelingen ist bis zu einer Tiefe von vier Metern mit Teerölen und Lösungsmitteln verseucht. Auch das Grundwasser ist verschmutzt. Dies sind erste Ergebnisse der Tiefenbohrung auf dem Gelände, deren Details den Eigenheim-Besitzern am Freitag vorgestellt werden sollen. Wie von den federführenden Bremer Entsorgungsbetrieben zu hören ist, empfehlen die Gutachter des Ingenieurbüros Prof. Mull & Partner aus Garbsen eine tiefgreifende Sanierung des Bodens. Die Baufirma Interhomes und die Umweltbehörde verhandeln zur Zeit, wer die Kosten dafür tragen muß.

Mit den Ergebnissen der Tiefenbohrung ist die These vom Tisch, mit der Interhomes bisher die Mitverantwortung gegenüber seinen Kunden und der Stadt von sich gewiesen hatte: Weil bisher nur auf 23 der 73 Parzellen und bis zu einer Tiefe von 60 Zentimetern Schadstoffe gefunden worden waren, könnten die Anwohner das verseuchte Erdreich auch selbst nachträglich mit Schubkarren herangekarrt haben. Wie es heißt, stammten die Verunreinigungen aber von einer Dachpappenfabrik, die bis 1930 auf dem Gelände saß.

Seit Jahren tobt zwischen Anwohnern, der Stadt und der Baufirma Interhomes ein Streit darüber, wer die Verantwortung dafür trägt, daß seit 1992 auf dem belasteten Gewerbegrundstück 73 Einfamilienreihenhäuser gebaut wurden. Nach Meinung der Anwohner hätte die Stadt, die 1989 die Unbedenklichkeit für Wohnhäuser attestiert hatte, eine gründliche Sanierung verlangen müssen. Und Interhomes hätte seine Kunden warnen müssen.

Nun fordern sie Schadensersatz. Ein erster Gerichtstermin fand Ende Januar vor der fünften Zivilkammer des Landgerichts statt. Es ging um eine mögliche Prozeßkostenbeihilfe für eine Familie, die gegen Interhomes klagen will. Eine Entscheidung ist aber nicht gefallen, weil zu dieser Zeit die Ergebnisse der Tiefenbohrung noch nicht vorlagen und damit der Sanie-rungsbedarf noch nicht klar war. Die Richterin habe aber signalisiert, daß sie wegen „berechtigter Erfolgsaussichten“ Prozeßkostenhilfe gewähren würde, so Anwohner-Anwalt Eckart Abel-Lorenz. Auch das Gericht sei bei Interhomes von „Arglist“ gegen die ahnungslosen Kunden ausgegangen.

Bei diesem Verfahren, so berichten Teilnehmer, habe Interhomes Anwalt Rüdiger Petzke von einer fast fertigen Einigung mit der Stadt gesprochen: So wollten sie sich die Sanierung der Oberfläche teilen, dafür sollten die Besitzer auf eventuelle Schadensersatzansprüche wegen der Wertminderung ihrer Häuser verzichten und außerdem für die Neuanlage ihrer Gärten selber aufkommen.

Dieser Deal ist nun offenbar hinfällig: Interhomes müsse jetzt noch einmal nachlegen, heißt es aus der Umweltbehörde. Das jüngste Angebot werde zur Zeit geprüft. Bei Interhomes wird der neue Abstimmungsbedarf bestätigt, entschieden sei noch nichts, weil der genaue Sanierungsbedarf noch nicht feststehe. Wie es heißt, ist etwa ein Viertel des gesamten Geländes bis in die Tiefe verseucht.

Interhomes hat in der Vergangenheit stets behauptet, eine 50-Zentimeter-Schicht des Bodens ausgetauscht zu haben. Die Anwälte der Anwohner bezweifeln das, weil nirgendwo die fast 10.000 Tonnen Erde entsorgt worden seien, die so angefallen wären.

Die Oppositionsfraktionen von Grünen und AfB in der Bürgerschaft fordern, die Stadt solle in Vorleistung gehen und die Sanierung übernehmen. Denn den Privatleuten sei es nicht zuzumuten, einen möglicherweise jahrelangen Schadenersatzprozeß gegen Interhomes zu führen. Auf der anderen Seite könne die Stadt sich aber nicht aus der Verantwortung stehlen, schließlich hatten ihre Beamten seinerzeit grünes Licht für den Wohnungsbau gegeben. jof