: Waigel wird bei Steuerreform weich
Mit seinem Vorschlag, die Steuerreform 1998 um ein Jahr vorzuziehen, kommt Bundesfinanzminister Theo Waigel der Opposition entgegen. SPD schlägt alternative Besteuerung vor ■ Aus Bonn Markus Franz
Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) hat der SPD erstmals ein konkretes Angebot unterbreitet, bereits 1998 in die geplante Steuerreform einzusteigen. Beim politischen Aschermittwoch der CSU in Passau sagte Waigel, denkbar sei eine vorgezogene Absenkung des Eingangssteuersatzes „in Richtung auf 20 Prozent“ und des Spitzensteuersatzes „auf unter 50 Prozent“. 1999 sollen dann die Steuersätze wie geplant auf 15 und 39 Prozent gesenkt werden. Damit reagierte Waigel auf Forderungen von SPD und Bündisgrünen, die Steuerreform schon 1998 in Kraft treten zu lassen. Die Unternehmensbesteuerung sollte ohnehin schon 1998 gesenkt werden.
Der finanzpolitische Sprecher der SPD, Joachim Poß, begrüßte Waigels Angebot als Schritt in die richtige Richtung. Eine grundsätzliche Einigung über die Eckpunkte einer Steuersenkung sei schon in einer Woche denkbar. Die SPD halte aber daran fest, daß die Steuerreform nicht durch eine Mehrwertsteuererhöhung finanziert werden dürfe. Ferner sollten weder die Renten noch die Nacht-, Sonntags- und Feiertagszuschläge besteuert werden, wie es die Koalition beabsichtigt. Auf die Frage, wie es zu einer Einigung kommen könnte, sagte Poß: Die SPD biete als Alternative zur Besteuerung von Renten und Schichtarbeit eine Reihe von anderen Vorschlägen an, die 10 Milliarden Mark einbringen könnten.
Allein 3,5 Milliarden Mark würde die stärkere steuerliche Erfassung von Rückstellungen bringen. Auch die FDP forderte einen Einstieg in die Steuerreform 1998. Generalsekretär Guido Westerwelle zufolge seien die geistigen Vorarbeiten schon erbracht. Jetzt sei es nur noch notwendig, „politische Entscheidungen zu fällen“.
Bisher hatten die Unionsparteien den Beginn der Einkommenssteuerreform vor 1999 als undurchführbar ausgeschlossen. CDU-Fraktionschef Wolfgang Schäuble hatte noch im August vergangenen Jahres gesagt: „Und dabei bleibt es auch.“ Die Opposition hatte der Regierung daraufhin vorgeworfen, die Steuerreform aus wahltaktischen Gründen auf das Jahr nach der Bundestagswahl 1998 zu verschieben. Für die Deutsche Steuergewerkschaft ist eine Steuerreform 1998 praktisch kaum durchzuführen. Dafür brauchten die Steuerverwaltungen als „Minimum ein halbes Jahr Vorlauf“. Anders die CDU-Arbeitsgruppe Finanzen: Zumindest der Einstieg in eine vorgezogene Steuerreform sei möglich, wenn lediglich Korrekturen vorgenommen würden, statt wie geplant ein völlig neues Steuergesetz zu schaffen. Dadurch verringere sich die Vorlaufzeit für die Steuerverwaltung auf etwa drei Monate.
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