: Wohnen lassen
■ Mitwohnzentralen salonfähig / Hamburger Filiale hat das verflixte siebte Jahr überstanden Von Lisa Schönemann
Die Mitwohnzentrale (MWZ) am Schulterblatt, die gerade ihr siebenjähriges Jubiläum gefeiert hat, vermeldet eine Trendwende. Die Goldgräberzeiten für Hauptmieter, in denen sich aus der miesesten Besenkammer noch Kapital schlagen ließ, gehören der Vergangenheit an: Wer heute der Mitwohnzentrale ein Zimmer zur Vermietung offeriert, findet sich unter zahlreichen Nebenbuhlern wieder. „Wer überteuert anbietet, hat keine Chance, einen Mitbewohner auf Zeit zu finden“, sagt MWZ-Geschäftsführer Klaus Schleif, „früher haben wir jeden Anbieter umgarnt, heute können wir uns die Zimmer und Appartements aussuchen.“ Insbesondere Quartiere, die nicht in den beliebten Stadtvierteln wie Eppendorf oder Ottensen liegen, finden nur schwer einen Abnehmer.
Daß die Nachfrage bald geringer sein wird als das Angebot an zeitlich befristeten Unterschlüpfen, liegt nicht nur daran, daß Wohnen auf Zeit salonfähig geworden ist. Vielmehr stellen viele quadratmeterfressende Gutverdienende eines Tages fest, daß ihre weiten Etagenfluchten jeden Monat einen Haufen Geld verschlingen und geben dann ein Eckchen ab. Andere freuen sich einfach nur, wenn in ihrer Abwesenheit jemand die Post aus dem Kasten holt, die Blumen gießt oder die Katze füttert. Selbst Bauträger und Investoren bieten einen Teil ihrer Wohnungen der Mitwohnzentrale zur befristeten Vermietung an. „Da brennt vom Mietrecht her weniger an“, vermutet Klaus Schleif. Langfristige Mieter genießen einen größeren Rechtsschutz, wenn Probleme auftreten. Vermieter können übrigens gegen die Untervermietung auf Zeit wenig einwenden, solange sie vom Hauptmieter rechtzeitig in Kenntnis gesetzt werden. Jedenfalls legen die Mitwohnzentralen die Rechtsprechung so aus. So dürfe der Vermieter beispielsweise kein Veto einlegen, wenn der Mieter Geld braucht, meint Klaus Schleif.
Das klassische WG-Zimmer kostet nach Einschätzung des Wohnraumvermittlers heute in Hamburg 550 Mark inklusive aller Nebenkosten. Eine Zwei-Zimmer-Wohnung kann monatlich leicht mit 1 500 Mark zu Buche schlagen. Die Mitwohnkosten in der Hansestadt werden nach einer internen Statistik des MWZ-Bundesverbandes nur noch in Köln oder Düsseldorf übertroffen. Der Zuzug nach Hamburg ist demnach sehr stark. Die MWZ kassiert eine Provision von 28 Prozent einer Monatsmiete. Bei längerem Aufenthalt kann die Vermittlungsgebühr auch bis zu 150 Prozent betragen.
Die Zimmer-Börse am Schulterblatt (früher Haubachstraße) hat 1994 für knapp 3 000 Personen etwa 1 800 Unterkünfte vermittelt, knapp die Hälfte davon für die Mietdauer von ein bis sechs Monaten. Neben Praktikanten, Studenten und Künstlern bedienen sich auch Unternehmen wie die Deutsche Bank oder Philips der Wohnraumvermittlung auf Zeit. Die Anzahl der Firmenkunden hat deutlich zugenommen. Die zukünftigen Mieter werden von der MWZ auf Herz und Geldbeutel geprüft. Die alleinerziehende Mutter mit nicht belegten Gelegenheitsjobs habe am Schulterblatt „kaum eine Chance“, so Schleif. Wessen Bonität zweifelhaft ist, wird abgelehnt – es sei denn, das Sozialamt kommt für die Miete auf. Ein Großteil der Suchenden findet nach Angaben der MWZ innerhalb von zwei Tagen eine geeigenete Bleibe. Freilich geht das nicht in jedem Fall so aus wie bei einem Anbieter, der für ein Dreivierteljahr in die USA gehen wollte, bevor er die zukünftige Untermieterin kennenlernte. „Der hat die Reise in den Wind geschrieben“, erinnert sich Klaus Schleif.
Über 40 Mietwohnzentralen sind im Bundesgebiet – meist in größeren Städten – unter derselben Telefonnummer zu erreichen (19 44 5).
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