■ Bonn apart: Ganz unpersönlich
Es gibt ja Menschen, die immer wieder die gleichen Laute, Worte oder Formulierungen von sich geben. Steffi Graf beispielsweise: „Ich habe mit meinem Vater absolut nichts zu tun.“ Genau das absolut läßt am Wahrheitsgehalt dieser Aussage zweifeln.
Neuerdings fällt auch mein Bundeskanzler durch eine stereotype Formulierung auf. „Mein Bundeskanzler“ ist übrigens die stehende Redewendung von Norbert Blüm. Helmut Kohl also sagt neuerdings immer: „Mich persönlich beeindruckt das überhaupt nicht.“ Das fiel zum erstenmal bei der Debatte im Bundestag über die Arbeitslosigkeit auf. Fast jeden Zwischenruf der Opposition quittierte er mit gereizten Bemerkungen, fügte aber jedesmal an: „Persönlich beeindruckt mich das überhaupt nicht.“ Man darf annehmen, der Bundeskanzler fühlte die Würde seines Amtes verletzt und kam deshalb nur seinem Amt zur Hilfe.
Auch als der Spiegel den Kanzler verdächtigte, an Prostatakrebs zu leiden, lederte der Bundeskanzler zwar zurück, dies sei eine „besonders schäbige Hinterhältigkeit“, fügte aber hinzu: „Mich persönlich beeindruckt das überhaupt nicht.“ Warum denn nicht? Ist er krank? Leidet er etwa unter Prostatakrebs? Oder beeindruckte ihn das persönlich gar nicht? Das Amt des Bundeskanzlers lebt ja schließlich weiter.
Wir machen uns schon Sorgen. Wenn der deutsche Bundeskanzler nichts mehr persönlich nimmt, bedeutet das etwa, daß er schon vergeistigt ist? Teilt er bereits in Walhall ein Doppelzimmer mit Konrad Adenauer, und nur seine entseelte Hülle fährt gelegentlich zu Auftritten im Bundestag hernieder? Aber wer soll dann die CDU in den Wahlkampf 1998 führen? Ein Rollstuhlfahrer? Ein Ungedienter? Ein Bayer? Also, mich persönlich beeindruckt das gar nicht. Markus Franz
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