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Frau Minister auf Antrittsbesuch

Ab heute tourt US-Außenministerin Albright durch Europa und Asien: neun Hauptstädte in zehn Tagen  ■ Von Andreas Zumach

Today it's Tuesday, it must be Paris – nach diesem häufig persiflierten Motto organisierter US-amerikanischer Touristenreisen nach Europa absolviert seit gestern auch die neue Chefin des Washingtoner State Department Madeleine Albright ihre Antrittsbesuche auf dem alten Kontinent und in Asien. Von Rom über Bonn, Paris, Brüssel, London und Moskau, weiter nach Seoul, Tokio und Peking – neun Hauptstädte in zehn Tagen und überall ein Mammutprogramm. Neben bilateralen Fragen stehen die Nato- Osterweiterung, die US-amerikanische UNO-Politik und Washingtons Streit mit der Europäischen Union über die Kuba-Sanktionen auf Albrights Gesprächsliste.

Zu Hause, in Washington, ist die 59jährige Vollblutpolitikerin derzeit noch Everybody's Darling. Die großen Printmedien widmen ihr Titelgeschichten, die Fernsehanstalten reißen sich um Interviewtermine.

Die Geschichte der gebürtigen Tschechoslowakin jüdischer Abstammung könnte aus der Feder eines Hollywood-Drehbuchautors stammen: Nach der Flucht zunächst vor den Nazis und dann vor den Kommunisten findet die Elfjährige 1948 mit ihren Eltern schließlich in den USA eine neue Heimat. Trotz Scheidung und anderer Widrigkeiten kämpft sich die Mutter dreier – inzwischen ebenfalls erfolgreicher – Töchter durch harte Arbeit zur ersten Außenministerin in der Geschichte ihres Landes hoch.

Albright hat deutlich gemacht, daß mit ihr ein anderer Stil in die US-amerikanische Außenpolitik einziehen wird. Schon als UNO- Botschafterin ihres Landes unterschieden sich ihre Auftritte und Äußerungen deutlich von denen ihres damaligen Chefs, Außenminister Warren Christopher. Dieser pflegte die leise diplomatische Art und war ein Meister nichtssagender Phrasen. Christophers öffentlichen Auftritte und Pressekonferenzen gehörten zu den langweiligsten Veranstaltungen der internationalen Politik. Albright hingegen nahm auch bei öffentlichen Auftritten kein Blatt vor den Mund. Bei vielen ihrer früheren AmtskollegInnen unter den New Yorker UNO-Botschaftern gilt sie daher als konfrontativ.

Zu diesem Image beigetragen hat nicht zuletzt auch die von Albright bereits Anfang 1996 eingefädelte und schließlich erfolgreiche Kampagne gegen eine zweite Amtszeit des früheren UNO-Generalsekretärs Butros Butros Ghali. Dabei bewies sie strategisches Geschick und sicherte sich zugleich bei dem republikanischen Vorsitzenden des auswärtigen Ausschusses des Senats und erklärten UNO- Gegner, Jesse Helms, zumindest einen Anfangskredit für ihr neues Amt als US-Außenministerin.

All dies allein reicht allerdings nicht für eine erfolgreiche Außenpolitik. Ähnlich wie in Bonn wird diese auch in Washington zu einem weit größeren Teil statt im Außenministerium in der eigentlichen Regierungszentrale bestimmt – sprich im Weißen Haus und im dort angesiedelten Nationalen Sicherheitsrat.

Zwar ist die Chefin des State Department neben dem Präsidenten die wichtigste Figur im Sicherheitsrat. Doch bislang hat Albright zumindest öffentlich nicht erkennen lassen, daß sie auf irgendeinem Gebiet der Außenpolitik eine grundsätzlich andere Richtung befürwortet oder bereit wäre, eine der bisherigen Sackgassen der US- amerikanischen Außenpolitik zu verlassen.

Im Fall Kuba hat sie den Ton sogar noch verschärft und jeder Änderung der verfehlten Sanktionspolitik eine Absage erteilt. Allerhöchstens dürfte sie bei ihrem Treffen mit EU-Kommissar Leon Brittan in Brüssel signalisieren, daß Washington zunächst auch weiterhin die Helms-Burton-Gesetzgebung gegen in Kuba tätige ausländische Firmen nicht aktiv anwendet.

Bei Albrights Besuch in der Brüsseler Nato-Zentrale sowie am Freitag in Moskau steht die geplante Osterweiterung der Allianz ganz oben auf der Tagesordnung. Eine neue Strategie zur Überwindung der russischen Bedenken hat Albright, deren für dieses Thema zuständiger Vize, Strobe Talbott, 1995 bereits einmal mit einem entsprechenden Versuch gescheitert war, nicht anzubieten. Ganz zu schweigen von einer grundsätzlichen Alternative zur Osterweiterung des Militärbündnisses, die auch in den Vereinigten Staaten von immer mehr prominenten Exmilitärs und Sicherheitspolitikern beider Parteien öffentlich als verfehlter Ansatz kritisiert wird.

Am größten ist das konzeptionelle Defizit der US-Außenpolitik in der Chinapolitik. Wie ihr Vorgänger Christopher schwankt auch Albright zwischen Betonung der US-amerikanischen Wirtschaftsinteressen am größten Wachstumsmarkt der Erde und Kritik an der Menschenrechtslage in China. Noch wird im State Department diskutiert, mit welcher Strategie Washington in die Anfang März beginnende Sitzung der UNO- Menschenrechtskommission gehen soll. Diese Frage, die vor einem Jahr für Differenzen nicht nur zwischen der EU und den USA, sondern auch innerhalb der Europäischen Union sowie zwischen Bundeskanzler Helmut Kohl und Außenminister Klaus Kinkel sorgte, will Albright auch in Bonn diskutieren.

Im übrigen, so verlautet aus ihrer Umgebung, werde die Außenministerin nach einem Treffen mit Scientology-Vertretern die Kritik dieser Organisation an angeblicher Verfolgung in Deutschland zur Sprache bringen.

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