: Ausgedacht im Nachtbus
■ Von, mit, über und für lustige junge Menschen: "Nackt im Cabrio" (20 Uhr, Sat.1)
Mit Detlev Bucks Penisvergrößerung verhält es sich wie mit dem Titel der Sat.1-Komödie. Doch dazu später.
„Nackt im Cabrio“ ist ein Film von lustigen jungen Menschen mit lustigen jungen Menschen über lustige junge Menschen – und wer weiß, was ein „Medizinerfasching“ ist (für manche ist es ein Schimpfwort, für andere sind es die längsten und lustigsten Unifeten der Welt), weiß auch, für welche lustige junge Zielgruppe diese Sat.1- Komödie produziert wurde. Rosa (Anica Dobra) arbeitet in der Gerichtspathologie, Paul (Benjamin Sadler) an einer Doktorarbeit über „Instrumentelle Vernunft bei Schimpansen unter dem Aspekt der Sexualität“. Rosas Freundin Verena (Anna Thalbach) arbeitet zwar in einer Doppelgängeragentur, aber zugleich auch an einer baldigen Schwangerschaft, um damit ihre Endometriose zu therapieren. Und Pauls Freund Mackie (Detlev Buck) arbeitet als Moderator einer Single-Show beim real existierenden Berliner Radiosender „100,6“.
Unter Zuhilfenahme eines silberfarbenen Golf Cabrio, eines silberfarbenen Porsche Cabrio, einer handlesenden Zigeunerin und diverser Zufälligkeiten (zu deren Rechtfertigung immer wieder das „große Dorf Berlin“ bemüht wird) hält Rosa schließlich Mackie für Paul, Mackie Rosa für Verena und Rosa Paul für M. Lasky... Denn „Nackt im Cabrio“ spielt Verwechslungskomödie. Doch leider ist der Film von der für dieses Genre erforderlichen virtuosen Handlungsführung noch ein gutes Stück entfernt. Immer wieder muß die dürftige Story durch überflüssige Nebenschauplätze nachgebessert werden, laufen gelegte Fährten unbeachtet ins Leere. Darüber können eingestreute Aktualitätsvokabeln wie „Ladenschlußgesetz“ und „Teleshopping“ nicht hinwegtäuschen, nicht die kleine Rechtschreibhumoreske auf dem Polizeirevier, nicht die musikalische Untermalung durch Oasis, Fugees und Pet Shop Boys und auch nicht die überaus charmante Komik von Anica Dobra, die „Nackt im Cabrio“ letztlich rettet.
Was das alles mit Detlev Bucks Penisvergrößerung zu tun hat? Nun, in „Nackt im Cabrio“ ist niemand nackt im Cabrio. Aber so ein Titel klingt natürlich viel besser als beispielsweise „Ausgedacht im Nachtbus“. Und die reizvolle Wortfolge bezüglich Detlev Bucks Genital entbehrt zwar ebenso jeglicher Realität, macht aber einfach mehr her als, sagen wir, „Detlev Buck spielt mal wieder einen Trottel“. Und wenn's letztlich gar nicht wahr ist, dann war's eben gelogen, lieber Fernsehzuschauer, lieber Leser. Hauptsache, wir haben die Lacher auf unserer Seite. Christoph Schultheis
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