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Flucht ins Asyl per Charterflug

Ohne jede Genehmigung landete am Sonntag eine Maschine mit 173 tamilischen Flüchtlingen in Amsterdam. Die Boeing der Turkmenistan Airlines war ordentlich gechartert worden  ■ Von Henk Raijer

Berlin (taz) – Für Baram Anadourdiev war es ein Job wie jeder andere. Der Pilot der Boeing 757 der Turkmenistan Airlines brachte am letzten Sonntag seine Maschine auf dem Amsterdamer Flughafen Schiphol sicher zum Stehen. Das Problem war nur: Er hatte keine Landegenehmigung, ja noch nicht mal eine offizielle Startgenehmigung in Turkmenistans Hauptstadt Aschgabad erhalten. Und weil nach der Landung in Amsterdam 173 Tamilen ohne Visa holländischen Boden betraten, ermitteln die dortigen Behörden nun, ob das Flugzeug möglicherweise von Menschenschmugglern gechartert worden ist.

Die Passagiere haben inzwischen in den Niederlanden um politisches Asyl nachgesucht. Der Großteil von ihnen wurde am Dienstag in einem Auffanglager in Schalkhaar untergebracht. Was mit ihnen geschehen wird, ist noch unklar; Tamilen können nicht umgehend abgeschoben werden, weil ihr Heimatland Sri Lanka in den Niederlanden als unsicher gilt.

Die niederländische Flugsicherheitsbehörde (RLD) hat die Boeing vorläufig an die Kette gelegt. Kapitän Anadourdiev wird in einem Amsterdamer Hotel festgehalten. Er behauptet, nicht gewußt zu haben, daß seine Passagiere keine gültigen Papiere hatten. „Für Kontrollen habe ich nicht die Zeit“, sagte er der Amsterdamer Zeitung Volkskrant. „Ich bin fürs Fliegen zuständig, die Pässe der Leute soll gefälligst der Zoll überprüfen.“

Gegenüber der Volkskrant erklärte er am Dienstag wiederholt, seine Flugpapiere seien in Ordnung gewesen. Auch an Bord habe nichts auf einen möglichen Exodus politischer Flüchtlinge hingewiesen. Daß er, Anadourdiev, nun in einen Fall von Menschenschmuggel verwickelt sein soll, sei absurd: „Ich habe nur meinen Job gemacht.“

Auch der Leiter der Filiale der Turkmenistan Airlines in Abu Dhabi, Olegbojko, hegte nach eigenem Bekunden keinerlei Bedenken bei der Anfrage eines Reisebüros in Sri Lanka, seine Fluggesellschaft möge auf die Schnelle 173 Tamilen nach Amsterdam bringen. Turkmenistan Airlines fliege regelmäßig London oder Birmingham an. „Wenn der Preis stimmt, kann bei uns jeder ein Flugzeug chartern – egal wohin“, sagte er.

Auch dem Generalmanager der Turkmenistan Airlines in Aschgabad war bei dem Deal nichts schräg vorgekommen. Er bestreitet, daß die holländische Flugsicherheitsbehörde Einwände erhoben hätte. „Von einem Flugverbot war keine Rede, die Papiere waren in Ordnung, und wir hatten eine Landegenehmigung.“ Eben ein Job wie jeder andere auch.

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