■ Stand der Dinge zum Tag Nix hoch 3: 20.000 Protestierer, sechs Castor-Behälter
Hannover (taz) – „Achtzehn- bis Zwanzigtausend Castor-Gegner können es wohl bei diesem Transport werden“, so schätzt die Vorsitzende der BI Lüchow-Dannenberg, Birgit Huneke. Von den vierzehn Camps und Wagenburgen entlang der Straßen zwischen Dannenberg und Gorleben seien die drei größten schon ausgebucht: jeweils mit 2.000 Castor-Gegnern. Im vergangenen Jahr beim letzten Tag X hatten insgesamt etwa 10.000 AKW-Gegner gegen den zweiten Gorleben-Castor demonstriert. „Aus dem Landkreis wollen viele, die vergangenes Jahr noch nicht auf der Straße waren, sich diesmal querstellen“, berichtet Birgit Huneke.
Vom Büro der BI aus in Lüchow ist noch nie soviel an Flugblättern und Info-Material in die ganze Republik verschickt worden, wie vor diesem Tag Nix hoch 3 Anfang März. Bei der von den gewaltfreien Aktionsgruppen separat initiierten „Aktion X-tausendmal quer“ gehen jetzt täglich etwa 200 Selbstverpflichtungen zum Widerstand gegen den Sechsertransport ein. Allein über „X-tausendmal quer“ hätten sich bisher 3.000 Castor- Gegner zum Blockieren des Transports verpflichtet, gibt Jochen Stay, einer der Organisatoren, zur Auskunft.
Der Dank des Landkreises Lüchow-Dannenberg ist schon jetzt allen sicher, die sich in zehn Tagen im Wendland den sechs Gorleben- Castoren in den Weg stellen. Der Kreistag „unterstützt ausdrücklich und aktiv die friedlichen Protestaktionen gegen den Transport“. Sie helfen nämlich, „das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu schützen“.
Galten einheimische und auswärtige AKW-Gegner im Kreishaus von Lüchow jahrzehntelang gleichermaßen als Chaoten, so verwahrt sich der Kreistag nun gegen die Versuche „des Verfassungsschutzes und der Presse, den Widerstand in Lüchow-Dannenberg zu kriminalisieren“, oder gar „in die Nähe des Terrorismus zu rücken. Ernsthaft ermahnt haben die Kreistagsabgeordneten dagegen den Bundes- und den Landesinnenminister. Beide sollen beim kommenden Polizeieinsatz „endlich zum Prinzip der Verhältnismäßigkeit zurückkehren“ und mit „der angekündigten Deeskalation“ ernst machen.
Der Kreistag und auch einige Kommunen wollen ihren starken Worten auch Taten folgen lassen. Der Kreis will die Feuerwehrleitzentrale und seine Mehrzweckhalle nicht mehr der Polizei für ihren Großeinsatz am 3. und 4. März zur Verfügung stellen. In den Turnhallen zahlreicher Kommunen können diesmal nicht die Einsatzhundertschaften Quartier machen, statt dessen sollen sich dort Castor-GegnerInnen während der Transporttage zwischendurch ausruhen dürfen. Einige freiwillige Feuerwehren wollen als „Castor- Abwehrtrupps“ am Tag Nix (hoch 3) gegen die Strahlenbehälter in den Einsatz ziehen. Der kommunale Wasserverband Dannenberg- Hitzacker möchte den Ordnungskräften gar regelrecht den Hahn abdrehen. Er beschloß, die Wasserwerfer von Polizei und Bundesgrenzschutz nicht mehr mit dem im März reichlich kühlen Naß zu versorgen. Die BI-Vorsitzende Birgit Huneke glaubt natürlich nicht, daß der Polizeieinsatz am Ende wegen Wassermangels ausfallen muß. „Das sind eher symbolische Beschlüsse, Meinungsäußerungen“, sagt sie. Aber diese würden sehr wohl Mut machen. ü.o.
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