: „Projekt 3/4“ sammelt Kleinvieh
■ 24 Schulen sparten Wasser und Heizung für 400.000 Mark / Zukunft des Energie-Managements umstritten
Weil ihre Lüftung nicht immer den ganzen Tag warme oder kalte Luft in Gänge und Klassenräume bläst, bekommen die Schüler des Schulzentrums Obervieland jetzt eine Bühne für ihre Mehrzweckhalle. Denn die 20.000 Mark dafür kommen nicht aus dem Haushalt der Bildungsbehörde, sondern aus Eigenmitteln, die die Schule autonom verwenden kann. „Die haben wir selbst erwirtschaftet“, sagt der stellvertretende Schulleiter Klaus Voigt. Die Schule hat im vergangenen Jahr Strom, Wasser und Heizenergie im Wert von 63.000 Mark eingespart. Einen Teil dieses Geldes darf sie nun frei nutzen, einen andereren Teil muß sie in Energiespar-Investitionen stecken.
Die Obervieländer sind die Vorzeige-Schule des „Projekts 3/4“ der Bildungsbehörde. Ziel: Den Energieverbrauch in den 170 Bremer Schulen um 25 Prozent zu senken, wie es den Vorgaben von Rio zum Klimaschutz entspricht. Und das ohne große Investitionen. Das Zauberwort heißt Energie-Controlling und Transparenz des Verbrauchs.
„Wir haben für die Schulen ihre von der Brehoch gemessenen Verbräuche in Kosten umgerechnet“, erläutert Referatsleiter Ulrich Hein. Jeden Monat bekommen die Schulen ihre aktuellen Zahlen aufgeschlüsselt. Denn Kubikmeter Wasser oder Kilowattstunden Strom interessierten nicht, weiß Hein:. „Es geht um Kohle“.
Ohne Kohle ging es zunächst auch im Obervieländer Schulzentrum aus den siebziger Jahren los. Statt großer Investitionen in neue Lüftungsanlagen oder Heizungen sind es Kleinigkeiten, die Voigt und Hausmeister Uwe Dinse angeschafft haben: So wird die Belüftung inzwischen von einer Zeitschaltuhr geregelt, ein Außenfühler bestimmt die Beleuchtung der Turnhalle, die Waschbecken sind mit Druckhänen wie in Autobahnraststätten ausgestattet. Das nächste Projekt: Die 36 Außenleuchten der Schule werden durch sieben Dachstrahler ersetzt. „Das spart Energie und verhindert Vandalismus“, sagt der Hausmeister. Klar, daß Dinse mitzieht: Fünf Prozent der gesparten Summe fließen in seine Tasche.
Schon hätten andere Gemeinden Interesse an dem „Projekt 3/4“ angemeldet, berichtet Hein. Er verteidigt sein Modell gegenüber sogenannten Contracting-Modellen, wie sie etwa in Berlin in großem Stile praktiziert werden und wie sie etwa die Grünen auch in Bremen fordern. Dabei wird eine neue Heizungsanlage oder was sonst Energie einspart von einem privaten Investor vorfinanziert. Über die Jahre stottert dann die Stadt den Kredit aus den Einsparungen ab. In Berlin erhält die öffentliche Hand vom ersten Tag an neun bzw. 11,25 Prozent der Einsparsumme.
Für Hein ist angesichts des ihm bekannten Sparpotentials, das nur über eine Änderung des Verhaltens in den Schulen erreicht werden kann, der Profit für den Investor leicht verdientes Geld. Außerdem erhalte die Stadt bei seinem Konzept sogar 15 Prozent der Einsparsumme, mehr als beim Contracting.
Doch wie es mit dem Energiesparen an Bremens Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden weitergeht, ist noch offen. Denn unter den Senatsressorts für Bau und Umwelt ist umstritten, wer für das „Energie-Management“ in öffentlichen Gebäuden zuständig sein soll. Umwelt wirft dem ehemaligen Bauamt, inzwischen als Eigenbetrieb Brehoch genannt, „mauern“ vor.
Denn bisher ist Brehoch im Geschäft, das das Umweltressort mit der Energieleitstelle gerne übernähme. So bewegt sich im Moment nichts. Eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe sei „im Anfangsstadium“, heißt es aus der Umweltbehörde. Man bastele an Contracting-Modellen.
Die Bauverwaltung hält aber zur Zeit eine Neuordnung des Energiesektors für nicht sinnvoll. Denn der Senat hat kürzlich beschlossen, die Verwaltung aller öffentlichen Gebäude einer privatrechtlich organisierten Gesellschaft zu übertragen. Bis dahin sollte man nicht Gebäudemanagement und Energiecontrolling auseinanderreißen. jof
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen