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„Dies ist später, das war damals“

■ Abfallprodukt von „Kansas City“: „Robert Altmans Jazz 34“ im Forum

Lester Young sollte in den 50er Jahren einmal Stücke von Count Basie aus den 30ern rekonstruieren. „Ich kann das nicht“, wehrte Young ab, „ich spiele nicht mehr so. Ich spiele anders, ich lebe anders. Dies ist später, das war damals.“ Young war damals selbst dabeigewesen.

Was Young ablehnte, hat Robert Altman jetzt organsisiert: 21 der besten Jazzer der jüngeren Generation spielten ihm für seinen letzten Spielfilm, „Kansas City“, die Originalstücke nach, wenn auch mit der Freiheit, den eigenen Stil zumindest ansatzweise einbringen zu können. Drei Kameras nahmen die dreiwöchigen Sessions im Filmset auf. „Robert Altmans Jazz 34“ ist sozusagen ein Abfallprodukt von „Kansas City“. 12 Stücke wurden nun ungekürzt zusammengeschnitten und durch einen Off- Kommentar verbunden – zusammengestellt aus Zitaten von Zeitzeugen, Einwohnern und Musikern aus Kansas City und gesprochen von Harry Belafonte.

Der Kommentar versucht sich zwar in Geschichtslektion, aber viel kommt dabei nicht rüber. „Alkohol und Glücksspiel“, daran sei man zu der Zeit in Kansas City leichter herangekommen als anderswo, und das sei der Grund dafür gewesen, daß sich dort jene lebendige Szene entwickeln konnte. Unbeantwortet bleibt die Frage, wo das Geld herkam, das die afroamerikanische Bevölkerung erst mal haben mußte, um es für Alkohol und Glücksspiel ausgeben zu können; von irgendwas mußten auch die Musiker bezahlt werden.

Aber Schluß mit der Korinthenkackerei: Die Musik ist natürlich schön. Und die gedeckten Farbtöne, die vielen Braunschattierungen der Anzüge, der Stühle, Tische und Täfelung sind fast noch schöner anzuschauen. Eine „Inszenierung“ gibt es kaum. Meist bleibt es halt abgefilmt. Als wäre es ein Dokument.

Dabei sind es nun mal nur junge Musiker, wenn auch sehr gute, in altmodischen Anzügen. Hin und wieder rekelt sich eine Frau mit gewellten Haaren auf dem Piano. Soll das hier dann doch noch irgend etwas mit Authentizität zu tun haben? Warum wird dann nicht einmal Spucke aus einem Mundstück auf den Boden entsorgt?

Auch die Kamera hält immer Sicherheitsabstand, wahrt den Blick des Betrachters oder schwebt gleich von der Decke herab. Altman versagt sich jedes modische Glitzern auf blankpolierten Posaunen. Dafür wirkt dann aber manche nebensächliche Aktion, ein Blick ins Publikum, ein Gespräch untereinander, ein eingeschlafener Musiker wiederum inszeniert. Dies ist keine richtige Session, aber auch kein eigens gestelltes Setting. Der Film funktioniert auf beiden Ebenen nur leidlich: Wenn die Musik so schlecht wäre, daß sie unbedingt Bilder brauchte, dann hätte sie es auch nicht verdient, daß man Bilder dazu macht.

Übrigens: Eines der für den Film rekonstruierten Stücke ist „Tickle Toe“ von Lester Young. Thomas Winkler

„Robert Altmans Jazz 34“. USA 1996, 72 Minuten. Regie: Robert Altman

24.2.: 22.45 Uhr im Arsenal

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