Suche nach einem Strohhalm

■ Sir Martin Garrod, früherer EU-Administrator von Mostar, fordert mehr Engagement der SFOR-Truppen in der geteilten Stadt

taz: Sie waren zusammen mit Hans Koschnick von Beginn an sehr engagiert in der EU-Administration von Mostar. Was geht in Ihnen vor, wenn Sie sehen, daß die Vertreibungen nicht aufhören, von kroatischer Seite auf Muslime geschossen wird?

Sir Martin Garrod: Als ich von den Schüssen hörte, dachte ich, nun sei alles zerstört, was wir vorher hier erreicht hatten. Was am 10. Februar geschah, bedeutet tatsächlich einen Rückschlag. Wer die Schüsse abgegeben hat, muß jetzt eindeutig festgestellt werden. Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Die Vertriebenen sind zum Teil ja wieder zurückgekehrt. Die gemeinsame muslimisch-kroatische Polizei, die während der EU-Administration aufgebaut wurde, muß ihre Aufgaben wahrnehmen.

Die beiden Seiten haben sich schon oft geeinigt. Aber nichts wurde umgesetzt?

Es liegt an den Führern, für eine friedliche Entwicklung zu sorgen. Ermutigend ist, daß sowohl der kroatische Bürgermeister als auch der Vorsitzende der kroatischen Partei HDZ in Bosnien-Herzegowina gegen vielfachen Widerstand gesagt haben, es sollte Schluß sein mit den Vertreibungen. Aber in der Tat funktioniert die bosniakisch-kroatische Föderation nicht so, wie sie sollte. Die kroatische Republik Herceg-Bosna wurde bisher nicht aufgelöst.

Ohne stärkeres Mandat der internationalen Gemeinschaft bleibt alles beim alten. Das ist doch auch die Lehre aus Mostar!

SFOR hat ja ein stärkeres Mandat als die damaligen UNO-Truppen. Vor einigen Tagen versammelte sich auf kroatischer Seite eine große Menschenmenge an der Konfrontationslinie, das hätte leicht sehr bedrohlich werden können. Ich kontaktierte SFOR, es kamen 20 Panzerwagen, die Lage hat sich sofort beruhigt. Die internationale Polizei IPTF ist dabei überfordert. Es gibt mehr Sicherheit, wenn SFOR Stärke demonstriert.

Also befürworten Sie doch ein stärkeres Engagement der SFOR?

SFOR kann zwar Muskeln zeigen, jedoch nicht einfach Leute verhaften, die sich etwas haben zuschulden kommen lassen. Das liegt nicht in ihrem Mandat. Die IPTF Polizei sollte die Möglichkeit haben, lokale Polizisten, die sich nicht an die Regeln halten, aus dem Dienst zu entfernen.

Interview: Erich Rathfelder