piwik no script img

Begräbnis als Happening

■ „Farewell, My Darling“ von Park Chul-Soo im Forum

Der koreanische Regisseur wünschte dem Publikum vorab „viel Spaß bei zwei Stunden Begräbnis“. Konsequent wie schon in seinem Panorama-Beitrag vom letzten Jahr, dem hyperästhetischen „301/302“, zieht Park Chul- Soo sein strukturelles Konzept auch in „Farewell, My Darling“ durch. Weniger ästhetisch, mehr ethnologisch.

Am Anfang eine Geburt. Dann das Thema des Films: Ein ländlicher Patriarch ist gestorben, und nun tanzen und jammern Krethi und Plethi um seinen aufgebahrten Körper. Ein Zeremonienmeister versucht die Trauerfeierlichkeiten zu koordinieren – Rauchen verboten, Geldscheine willkommen. Ein schier unübersehbares Geflecht aus Nebenrollen und kleinen Begebenheiten entspinnt sich. Alles in Szene gesetzt mit Marktplatz- Atmo und großem Lamento. Handys kontrastrieren mit dem rituellen Abstechen eines Borstenschweins für den Leichenschmaus.

Sehr delikat hat Park in den allgemeinen Rummel kleine Momente eingebaut, die zeigen, wie die Leiche auf den „Weg in die andere Welt“ vorbereitet wird. Reisbröckchen werden zwischen die schon unbeweglichen Lippen bugsiert, die Arme und Beine festgebunden. Dann wieder ist jede Pietät vergessen – weil gerade die beliebteste Soap-opera läuft. Autos gehen zu Bruch, ein kleiner Junge macht die ersten Schritte zu einer späteren Trinkerkarriere.

Alte Rechnungen und Schuldgefühle bringen die Trauergemeinde zu emotionalen Verrenkungen – unterstützt von zahlreichen Kästen Bier. Das Unvermögen, Tradition und Moderne überein zu bringen, schildert der Film mit einer paritätischen Mischung aus Ernst und Satire. Den Tod des eigenen Vaters gibt Park als Hintergrund seiner Low-budget-Produktion an, die am koreanischen Markt erst einmal floppte. Allzu ungewöhnlich ist da wohl sein Stil. Gudrun Holz

„Farewell, My Darling“. Korea 1996. 116 Min. Regie: Park Chul- Soo. 25.2.: 17 Uhr International

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen