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Die VorschauAvantgarde muß Spaß machen

■ Das Willem Breuker Kollektief spielt auf

Seit mehr als 20 Jahren mischt das Willem Breuker Kollektief die europäische Jazzszene auf. Während sich ein Großteil der europäischen FreejazzerInnen sowohl vom expressiven Powerplay der frühen Jahre als auch von der anarchischen Spielhaltung dieser Zeit verabschiedet hat, freie improvisierte Musik heute häufig eher ernst und akademisch daherkommt, bestehen die NiederländerInnen darauf, daß Avantgarde und Spaß sich nicht ausschließen müssen.

Die Kombo um Willem Breuker frönt einer Art avantgardistischer Volksmusik. Schlagermelodien, Märsche, Zirkusmusik, volksmusikalische Themen, Weill- oder Satie-Zitate und diverse Jazzstile werden ordentlich durchgemischt, manchmal ein bißchen parodiert und immer wieder in freien Spielweisen aufgelöst. Auch die häufig exaltierte Theatralik der Avantgarde wird von den Niederländern gern ein wenig auf die Schippe genommen. Clownerien und kleine Albernheiten sind fester Bestandteil der Auftritte. Dabei kommt die Musik keineswegs zu kurz; denn die Mitglieder des Kollektiefs präsentieren sie mit hörenswerter instrumenteller Finesse.

Breuker selbst gehört zur ersten Generation des europäischen Freejazz. Er war Mitbegründer des ICP-Tentetts, Mitglied des Globe Unity Orchestra, beides legendäre Großformationen des europäischen Freejazz, spielte mit Gunther Hampel, Peter Brötzmann und natürlich seinem unvergleichlichen Landsmann Han Bennink zusammen. Auch als Komponist tat Breuker sich hervor, schrieb vielbeachtete Theater- und Ballettmusik und arbeitetete mit klassischen Ensembles zusammen.

Der Anspruch, „für die Leute zu spielen“, die puristische Selbstbeschränkung der „Avantgarde“ aufzubrechen, steht im Zentrum des musikalischen Schaffens von Breuker. Die Spielauffassung des Kollektiefs steht der Tradition von Jahrmarkts- oder Straßenmusikanten jedenfalls näher als einer akademischen Kunsthaltung. Die Auftritte der zur Zeit elfköpfigen Band bieten jedenfalls anspruchsvolle Musik und Unterhaltung, ein allemal lohnendes Konzert. Arnaud

Heute abend 20 Uhr bei Dacapo im Übersee-Museum

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