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SPD auf dem ganz langen Marsch

■ Bei den hessischen Kommunalwahlen konnte die SPD zulegen. Doch auch die CDU gewann. Grüne stabil

Wiesbaden (AP/dpa/taz) – Die SPD hat aus dem Bonner Dauerstreit um Steuer- und Rentenreform kaum Profit ziehen können. Zwar legte sie nach ersten ZDF- Hochrechnungen landesweit um gut 1 Prozent zu, in Großstädten wie Franfurt am Main und Darmstadt verlor sie allerdings um rund 2 Prozent. Landesweit kamen die Sozialdemokraten auf 37,5 Prozent und lagen damit deutlich vor der CDU, die auf 33,3 Prozent kam. 1993, bei der letzten Kommunalwahl in Hessen, hatte die CDU 32 Prozent erzielt. Ihren Stimmenanteil halten konnten die Grünen mit 11 Prozent. Die FDP, die vor vier Jahren landesweit 5,1 Prozent erzielt hatte, sank noch tiefer. Sie kommt jetzt auf 4,0 Prozent. Stimmenverluste auch für die „Republikaner“. Nach 8,3 Prozent 1993 erreichten sie diesmal 6,2 Prozent.

Weiter abgesunken ist auch die Wahlbeteiligung: Weniger als 70 Prozent der 4,5 Millionen Wahlberechtigten fanden den Weg an die Urnen – dies ist die geringste Beteiligung seit dem Zweiten Weltkrieg. „Das Wetter war wohl zu gut“, kommentierte der Wahlleiter in Frankfurt. 1993 hatten noch 71,3 Prozent von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht.

In ihren ersten Reaktionen sahen sich die Spitzenpolitiker wie üblich als Gewinner der Wahlen: Hessens Ministerpräsident Hans Eichel sagte, die SPD habe ihr Wahlziel erreicht, einen Verlust in Frankfurt habe er erwartet. Hessens CDU-Vorsitzender, Bundesinnenminister Manfred Kanther, wertete es als erfreulich, daß die CDU trotz der schwierigen Situation in der Bundespolitik zugelegt hat. „Mit einem solchen Trend können wir zufrieden sein.“ Sowohl Eichel als auch Kanther widersprachen jedoch der Wahlkampf-Aussage von Helmut Kohl, daß die Hessen- Wahl ein Test für den Bund sei. Die hessischen Kommunalwahlen sind in diesem Jahr die einzigen Wahlen in einem Flächenstaat, gewählt wird 1997 ansonsten nur noch die Bürgerschaft in Hamburg.

In Frankfurt konnte die die CDU stark hinzugewinnen. Von 33,4 Prozent kletterte sie auf 37,6 Prozent und lag damit deutlich vor der SPD, die auf 30,3 Prozent abrutschte (1993: 32). Noch einmal zulegen konnten in Frankurt die Grünen: Nach 14 Prozent im Jahre 1993 steigerten sie sich auf 16,3 Prozent. Unklar war, ob die FDP unter ihrem Spitzenkandidaten Ignatz Bubis nach 16 Jahren wieder in den Römer, das Frankfurter Rathaus, einziehen kann. Die Hochrechnung um 19 Uhr sah sie bei 5 Prozent. Nicht zur Wahl stand die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth, die bereits 1995 für sechs Jahre an die Spitze der Stadt gewählt worden ist.

Ungewöhnlich hohe Stimmengewinne von 6,6 Prozent erzielte die SPD in Kassel. Mit 36,1 Prozent lag sie deutlich vor der CDU, die 6 Prozent verlor und so nur 30,8 Prozent erreichte.

Zum erstenmal waren in Hessen auch 182.000 BürgerInnen der Europäischen Union zur Wahl gegangen. Unter den Kandidaten hatten 616 keine deutsche Staatsbürgerschaft. Mehrere hundert ausländische Bürger aus Staaten außerhalb der EU nahmen die Tatsache, daß sie nicht wählen durften, zum Anlaß, in Dietzenbach und in Baunatal bei Kassel ihre eigene Kommunalwahl auszurichten. Feature und Ergebnistabelle Seite 2

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