■ Vorschlag: Wachgeküßt – Bertrand Bliers „Mein Mann“ im Institut Français
Man würde es vielleicht nicht mehr mit dieser ganz rasanten Begeisterung schreiben wie damals vor einem Jahr, bei der vorletzten Berlinale, aber angesichts der relativen Trübsinnigkeit des diesjährigen Wettbewerbs sei es noch mal von allen Dächern gepfiffen: Grandios, der Franzos'.
Männer machen ja immer wieder gern Filme über Prostituierte, was auch sofort und leicht verständlich ist. Daß es nämlich nicht allein das Geld sein kann, was sie antreibt, gibt Anlaß zu größten Bedenklichkeiten und – Hoffnungen. Vielleicht tut sie's ja wirklich aus Leidenschaft! Blier stellt sich so eine vor und zeigt zunächst einen Kurztrailer von dem grandiosen Tag, an dem ihr ihre Berufung klar wurde. Marie liebt alte Männer, die kaum noch die Treppe hochkommen, sie liebt den jungen Stier, dem sie noch hinterherruft: „Ich müßte sie eigentlich bezahlen!“ Und schließlich, am Ende eines langen Tages, findet sie vor ihrer Haustür einen Penner, einen stinkenden, aus einer Kopfwunde blutenden Kerl – un homme. Sie nimmt ihn zu sich, kocht ihm was, gibt ihm Wein und drapiert sich für ihn im Bett. „Dreh dich um, die Hundestellung.“ Er soll ihr Pimp werden, sie gibt ihm Geld. Morgens kommt er, zu einem Song von Barry White, mit weißem Jackett und Goldkettchen auf die Straße wie ein Star. Voilà, mein neuer Beruf! Faszinierenderweise bleiben all diese Sachen enorm komisch, ohne zum doofen Nuttenwitz zu werden – ich meine, Blier muß auch klar sein, daß der Beruf eben letztlich doch ein Verzweiflungsakt bleibt, Hydra hin oder her. Trotzdem lustig ist eben zum Beispiel: Jeannot geht zur Maniküre, und man sieht zunächst nur zwei prächtige, strahlende Brüste aus der rosa Uniform prangen, bis Jeannot ganz einfach zu der bezaubernden Valerie Bruni-Tedeschi sagen muß: „Ich liebe meine Frau, aber wenn Sie weiterhin diese großartigen Titten gegen mich blitzen lassen, dann vergesse ich mich!“ Zu diesem Zeitpunkt ist einem eh schon ganz anders vor lauter Sex und Liebe, und man fühlt sich wie Marie, die morgens im Bademantel zur Bäckersfrau läuft und ruft: „Schnell, ein Croissant, ich habe einen Mann im Bett!“ und die Bäckersfrau, sehr genau verstehend, blitzschnell alles einpackt: „Los, los, gehen Sie!“ Mariam Niroumand
„Mon Homme“, Bertrand Blier, heute abend im Institut Français
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