: Female Business as usual
■ Die Rapperin MC Lyte verwandelt sich in eine Geschäftsfrau mit Kodderschnauze
Gerne dreht Lana Moorer den Spieß um. Als 1993/94 allenthalben die Frauenfeindlichkeit im HipHop beklagt wurde, forderte sie statt dessen mehr Härte von den Mannsbildern. „I wonna Ruffneck“, tönte sie als MC Lyte und wurde dafür mit Gold belohnt. Darüber hinaus etablierte sie mit dem wohl ersten Hardcorestück einer weiblichen Rapperin, das über die Grenzen der Spezialisten hinaus bekannt wurde, eine neue Spielart im Female-HipHop und ein kantiges Rolemodel für Frauen in der Musik. Denn ohne ihre Pioniertat hätten Salt'n'Peppa oder Tic Tac Toe wohl kaum zu ihren Kodderschnauzen gefunden.
Doch das interessiert MC Lyte heute nur noch wenig: „Wenn das Hardcore war, bitteschön! Ich habe immer versucht, wahrhaftig zu sein.“Ihr neues Album hat sie wohl auch „Bad As I Wonna Be“genannt, um von vornherein klarzumachen, daß sie sich – wie schon öfter in ihrer achtjährigen Karriere – nicht auf ihre Rolle als hartgesottene Frau im HipHop festnageln läßt. Sie bestimmt selbst, wie böse sie sich gibt – und nicht die Kundschaft oder der Manager. Gegenwärtig scheint MC Lyte jedenfalls wenig Grund zu verbalen Attacken zu haben. Inzwischen war sie mit Janet Jackson auf Tour und betreibt mit ihrem Vater das „Harlem Café“, um an dem Aufschwung in dem abgewirtschafteten New Yorker Stadtteil, in dem sie aufwuchs, teilzuhaben. Sie ist eine der wenigen schwarzen Frauen in den USA, die es geschafft haben und feiert das mit Chören, eleganten Produktionen von Jermaine Dupri (Mariah Carey) und Rashad Smith (A Tribe Called Quest) und Samples von Michael Jackson oder Barry White.
MC Lyte ist über ihre Revolverschnauze zu einer Geschäftsfrau geworden mit all den Sprüchen der Branche. „I want to live lovely, I gotta make money“, heißt es etwa in „Everyday“, in dem sie ihren überfüllten Terminkalender erläutert. Um ihre Verpflichtungen zu erfüllen, braucht sie einen Mann, der sie nicht nur versteht, sondern auch kapiert, daß sie es im Musikgeschäft zu etwas bringen will. Und zwar auf ihre Art.
Ansonsten soll es ihr der B-Boy nach Feierabend noch gut besorgen. Im Eröffnungsstück, das locker über ein Michael-Jackson-Sample latscht, verlangt sie ziemlich explizit von ihrem Lover nach Maß, doch endlich den Jackpot zu treffen, auf daß sie „large amounts of juice“produziert. MC Lyte redet Tacheles, damit sich hinterher keiner – und vor allem kein Mann – beschweren kann.
Volker Marquardt
mit Down Low und Nana: Do, 6. März, 21 Uhr, Große Freiheit
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