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Mit Marktwirtschaft für die Mehrwegquote

■ Getränke-Einwegverpackungen bald nur noch gegen eine Lizenz?

Berlin (taz) – Die Verpackungsverordnung soll noch in diesem Jahr novelliert werden. Doch derzeit liegt der Entwurf auf Eis, weil die SPD-Umweltminister die Vorlage des Bundesumweltministeriums vor kurzem unter anderem wegen der Regelung zur Mehrwegquote ablehnten. Ministerin Angela Merkel (CDU) versucht nun, mit einem anderen Konzept die „Kuh“ Mehrwegquote vom Eis zu bekommen: mit einem Lizenzsystem auf Einweg-Getränkeverpackungen.

Nach diesem Entwurf, den Merkel Anfang Februar vorstellte, dürften Unternehmen flüssige Nahrungsmittel nur noch dann in Wegwerfverpackungen abfüllen und vertreiben, wenn sie über eine entsprechende Lizenz verfügen. Einen ähnlichen Vorstoß hatte bereits im vergangenen Mai Wirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) gemacht.

Ebenso wie ihr Kabinettskollege handelte sich nun Merkel umgehend Kritik für ihr Lizenzkonzept ein: „Eine planwirtschaftsartige Zuteilung von Marktanteilen“ fürchten Handel und Industrie und bemängeln, daß durch ein Lizenzsystem „für Unternehmen und Verbraucher höhere Kosten entstünden und die Sortimentsvielfalt erheblich beeinträchtigt würde“. Damit sind Sinn und Zweck dieses Systems richtig erfaßt: „Ex und Hopp“ soll teurer werden und so an Attraktivität gegenüber Mehrwegsystemen verlieren.

Den meisten Bundesländern dürfte das Lizenzmodell entgegenkommen, da es sich voraussichtlich positiv auf die Mehrwegquote auswirken wird. „Der Mehrweganteil an Getränkeverpackungen bewegt sich immer noch in etwa auf dem Niveau von 1991“, kritisierte die Umweltministerin von Sachsen- Anhalt, Heidrun Heidecke. Im Jahr 1995 wurden bundesweit 72,2 Prozent der Getränke aus Mehrwegflaschen konsumiert – eine Quote, die nur knapp über den 72 Prozent liegt, wie sie die geltende Verpackungsverordnung vorschreibt. Wird diese Grenze unterschritten, ist der Handel gesetzlich verpflichtet, Einwegverpackungen mit einem Pfand zu belegen.

Sollte das Lizenzkonzept eingesetzt werden, um die Mehrwegquote anzuheben, wären in erster Linie Brauereien und Brunnenbetriebe betroffen. Aber auch der Handel müßte für den Import von Bierdosen oder Saftkartons Lizenzen vorweisen. Eine Lizenz soll nach dem Entwurf des Bundesumweltministeriums zum Abfüllen bzw. Vertreiben von 1.000 Litern einwegverpackter Getränke berechtigen. Die Menge der auszugebenden Lizenzen soll sich dabei am Durchschnitt der in den Jahren 1995 und 1996 in Umlauf gebrachten „Einwegverpackungen orientieren. 95 Prozent sollen kostenlos und unbefristet vergeben werden. Die restlichen fünf Prozent wären zunächst auch kostenlos, aber auf ein Jahr befristet. Danach würden sie frei versteigert werden.

Kurioser Aspekt: Diese Lizenzen könnten auch von Umweltschutzgruppen ersteigert werden. Eine Lizenz, eingerahmt und an die Wand gehängt, wären 1.000 Ex-und-Hopp-Verpackungen weniger auf dem Markt.

Ob es wirklich soweit kommt, ist offen. Industrie und Handel, deren Vertreter Anfang der Woche im Bundesumweltministerium waren, protestierten heftig gegen das Lizenzkonzept. Sie fühlen sich schon durch die geltende Verpackungsverordnung mit deren „Mehrwegquoten und Pfandandrohungen“ gegängelt. Christian Tönnesen

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