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„Da ist noch manches zu tun“

■ Professor Ernst Benda hat im Bioethik-Komitee an der Deklaration mitgearbeitet

taz: Mit der Unesco-Deklaration sollen für die Genforschung am Menschen Grenzen gezogen werden. Erfüllt der jetzt vorliegende Entwurf diese Aufgabe?

Professor Ernst Benda: Sie hat einige Ansätze, indem sie das Problem behandelt. Es stellt aber nicht die primäre Zielsetzung der Deklaration dar. Ich denke, daß dies mit der allgemeinen Aufgabenstellung der Unesco zusammenhängt. Sie fühlt sich von ihrer Zuständigkeit her nicht primär als eine Menschenrechtsorganisation, sondern als eine Organisation, die neben anderen Aufgaben die Förderung der Forschung und Wissenschaft zum Ziel hat. Für Menschenrechtsfragen sind andere Organisationen der Vereinten Nationen zuständig.

Ist die Unesco dann nicht das falsche Gremium für derartige Regelungen?

Man kann dieses sagen. Es ist aber kein Problem, das mich berührt. Ich bin seit einem Jahr Mitglied des Bioethik-Komitees der Unesco und halte es nicht für illegal, daß sich die Unesco mit dem Thema befaßt. Aus ihrer Zuständigkeit ergeben sich bestimmte Grenzen dessen, was sie machen kann und machen sollte. Ergänzende Arbeiten können dann von anderen Gremien geleistet werden, die dafür vielleicht besser ausgerüstet sind. Ich muß aber hinzufügen, daß es innerhalb dieses Komitees ein sogenanntes legal committee, also einen Rechtsausschuß, gibt, dem ich auch angehöre. Von der dort versammelten Fachkompetenz her – rund zwanzig juristische Wissenschaftler – ist er sehr wohl in der Lage, sich mit Grund- und Menschenrechtsfragen zu beschäftigen, die mit der Bioethik zusammenhängen.

In dem Text wird sehr viel von Forschungsförderung gesprochen, die Menschenrechte bleiben dabei aber auf der Strecke.

Das ist ein Vorwurf, der gegenüber dem vorliegenden Text – bei allen Mängeln, die er auch nach meiner Auffassung hat – doch nicht ganz berechtigt ist. Die Berufung jedenfalls auf die Würde des Menschen taucht häufig auf in dem Text. Mangel besteht eher an klaren Vorstellungen, was mit diesem Begriff, bezogen auf das Thema, verbunden ist.

Eingriffe in die Keimbahn und auch das Klonen fehlen vollständig. Ist der Entwurf gegenüber dem technisch Machbaren nicht auch weit zurückgeblieben?

Die Keimbahntherapie ist als Thema erkannt. Ich habe selbst vor fast einem Jahr als Mitglied des Bioethik-Komitees schriftlich und mündlich die Forderung vorgebracht und den Antrag gestellt, daß man ein Verbot der Keimbahntherapie aufnimmt. Dies halte ich der Sache nach auch für notwendig. Ich bedaure, daß das bisher nicht geschehen ist.

Mit welcher Begründung?

Auf meine Intervention ist mir von anderen die Auffassung entgegengehalten worden, man wolle nicht zu sehr in die Details gehen, da sich die Deklaration darauf beschränken solle, allgemeine Grundsätze festzuschreiben. Die konkreten Auswirkungen dieser Grundsätze könnten dann Gegenstand einer künftigen Konvention sein. Ich halte diese Auffassung nicht für richtig. Aus aktuellem Anlaß würde ich auch das ausdrückliche Verbot des Klonens gerne mit eingeschlossen sehen. Ich würde nicht den Vorwurf machen, das Komitee habe das Problem nicht gesehen. Sie hat es gesehen, allerdings falsch, nämlich durch Nichtaufnahme, behandelt.

Sehen Sie Möglichkeiten, daß der Entwurf noch verändert werden kann?

Es scheint nicht die Absicht zu bestehen, das Bioethik-Komitee zu diesem Thema noch einmal einzuberufen. Der Entwurf geht jetzt in die Regierungskonsultationen. Das heißt, bezogen auf unser Land, daß die einzelnen zuständigen Ressorts der Bundesregierung sich mit der Materie beschäftigen werden. Sie werden – so nehme ich an – auch im unmittelbaren Meinungsaustausch mit ihren Kollegen, auch in den anderen Ländern, überlegen, ob man nicht an diesen oder jenen Punkten Veränderungen vornehmen kann. Da ist noch manches zu tun. Interview: Wolfgang Löhr

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