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Gründerzeitmuseum bleibt

■ Charlottchen geht, ihr Museum in Hellersdorf ist finanziell gesichert. Die Klassenlotterie stiftet 400.000 Mark, und Bezirksstadtrat Wolf hat ein Konzept

Gewißheit ist: Charlotte von Mahlsdorf wird Berlin verlassen, sie wird Hellersdorf verlassen. Sie hat Abschied genommen von ihrem Gründerzeitmuseum, von ihrem „Lebenswerk“, wie sie stets betont. 1960 hatte Lottchen den verfallenen Gutshof am Hultschiner Damm 333 übernommen, ihn ausgebaut zu einem Museum mit einer der bedeutendsten Gründerzeitsammlungen in Europa. Die letzte original erhaltene Zillekneipe Berlins befindet sich dort – sicher nur ein Beweis für die Einmaligkeit.

Seit März 1995 ist das Museum geschlossen, erst jetzt, fast zwei Jahre danach, ist geklärt: „Die Sammlung von Charlotte von Mahlsdorf bleibt erhalten.“ Das versichert Bernd Wolf, Kulturstadtrat von Hellersdorf. „Der Vertrag zur Erhaltung der Sammlung wird in den nächsten Tagen unterschrieben.“ Der Stiftungsrat der Deutschen Klassenlotterie hat bereits 400.000 Mark bewilligt, der Rest der Ablösesumme (insgesamt 523.833 Mark) kam über Spenden zusammen. Das Geld will Charlotte von Mahlsdorf für ein Jahrhundertwende-Museum in Schweden verwenden.

Was wird aus dem Gründerzeitmuseum? Stadtrat Wolf favorisiert das Konzept der Firma Historiker- Museologen-Restaurateure (HMR), „das einzige Konzept, das auch Fragen der Bewirtschaftung berücksichtigt“. So soll das Erdgeschoß des Hauses auch weiterhin als Gründerzeitmuseum genutzt werden, im Kellergewölbe sollen Handwerker (Schreiner, Drechsler) angesiedelt sowie eine Gaststätte eingerichtet werden, die Miete zahlen. Das Dachgeschoß soll zu einer Wohnung ausgebaut werden. Außerdem wünscht sich Bernd Wolf, daß einige der insgesamt 14 Räume „als Begegnungsstätte genutzt werden“. Einzige Bedingung des Stadtrates an die Firma HMR: Dem Bezirk Hellersdorf dürfe die Betreibung des Hauses nichts kosten. „Deswegen ziehe ich auch das Konzept der Firma HMR vor, da Fragen der Finanzierung berücksichtigt wurden.“ Die SPD-Fraktion hatte Wolf Ende Januar in der Bezirksverordnetenversammlung vorgeworfen, nur ein Konzept als geeignet zu favorisieren. Wolf entgegnet: „Die anderen haben zwar alle tolle Ideen, aber keine konkreten Vorschläge, wie das Haus bewirtschaftet werden könne.“

Um das Gründerzeitmuseum wieder zu öffnen, sind Restaurierungsarbeiten notwendig. Der Dachstuhl des unter Denkmalschutz stehenden Gutshofes bedarf einer dringenden Reparatur. „Die Sammlung werden wir zwischenzeitlich auslagern“, sagt Wolf. Leerstehende Räumlichkeiten in Hellersdorfer Schulen seien bereits gefunden. Jens Rübsam

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