Betr.: Mit den britischen Bergbauorten ging es nach Thatchers Kahlschlagpolitik abwärts

Fast auf den Tag genau vor 13 Jahren begann der Arbeitskampf des Jahrhunderts – Margaret Thatcher gegen die Bergarbeiter. Das Ergebnis: Die Kumpel zogen den kürzeren, die Macht der Gewerkschaft war gebrochen, und die britische Premierministerin galt fortan als „Eiserne Lady“.

Ihr Nachfolger John Major machte der britischen Kohleindustrie endgültig den Garaus. Weil Ende 1992 noch einmal der Widerstand mit Massendemonstrationen aufgeflackert war, mußte er dabei listig vorgehen. Er bot einen Kompromiß an, der vorsah, daß wenigstens 18 Zechen eine dreijährige Galgenfrist gewährt werden sollte. Damit nahm er dem Widerstand den Wind aus den Segeln und machte die letzten Gruben dann doch dicht oder privatisierte sie. Von den 190.000 Kumpeln zu Beginn des Streiks 1994 sind heute etwas über 10.000 übrig.

Für die Bergbauorte im Norden Englands und in Wales war das ein harter Schlag. Über Nacht war der Großteil der männlichen Bevölkerung arbeitslos geworden, und langsam ging es dann auch mit der Infrastruktur abwärts. In Wales hat man viele ehemalige Gruben in Bergbaumuseen umgewandelt, wo die Touristen unter Tage fahren und sich in Anbetracht der nachgestellten Arbeitsbedingungen zu Beginn des Jahrhunderts leichte Schauer über den Rücken jagen lassen können.

Gleich nebenan sind die Bedingungen nicht nachgestellt. In den privatisierten Gruben geht es vielfach zu wie in alten Zeiten: Entlassungen von Gewerkschaftsmitgliedern, hölzerne Dachstützen, die eigentlich schon vor 40 Jahren abgeschafft worden sind. Es passieren siebenmal so viele tödliche Unfälle wie früher in den staatlichen Gruben. Bezahlt wird nach Fördermenge – wenn überhaupt. Manche Firma macht am Zahltag pleite, um Tage später unter neuem Namen wieder zu eröffnen.

Auch die Tower Colliery in Süd- Wales sollte das Privatisierungsschicksal erleiden. „Viel zu gashaltig, keine wirtschaftliche Zukunft“, so lautete damals das Todesurteil von British Coal. Man versuchte, einen Keil zwischen die Kumpel zu treiben, indem man einigen Prämien anbot, wenn sie die anderen überredeten, die Abfindung zu kassieren und abzuhauen. Das funktionierte anders, als geplant: Sämtliche 239 Bergarbeiter nahmen das Geld von British Coal, zahlten davon jeder 8.000 Pfund in eine Genossenschaft ein und kauften ihr Bergwerk. Bereits im ersten Jahr machte das einzige Bergwerk Europas, das im Besitz der Kumpel ist, mehr als zwei Millionen Pfund Gewinn. Ralf Sotscheck