: Klagen über „Chaos“im Arbeitsressort
■ Träger kalt erwischt: Beschäftigungs-Projekte werden nur noch für ein Jahr bewilligt
Arbeitslose Frauen sollen nicht mehr stundenweise und ohne soziale Sicherung putzen gehen. Stattdessen werden sie fest angestellt und ihre Einsätze von einer „Hauswirtschaftlichen Dienstleistungsagentur“vermittelt. Dieses Projekt will der Frauen-Beschäftigungsträger Quirl zwei Jahre lang erproben und Marktchancen ausloten. Doch die Perspektive für die arbeitslosen Frauen ist gefährdet: Die Förderung mit Geld aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) soll nach dem Willen der Arbeitsbehörde auf zwölf Monate begrenzt werden. „Die Agentur ist etwas ganz neues“, sagt Quirl-Geschäftsführerin Karin Jahn, „das kann man nicht in einem Jahr erproben“.
Auch andere Beschäftigungsgesellschaften hat die kurzfristigen Entscheidung der Arbeitsverwaltung kalt erwischt. „Das ist ein ganz krauses Verfahren“, klagt Uwe Jahn, Vorstand beim Verband Bremer Beschäftigungsträger und Chef der BRAS. Einzelne Maßnahmen hätten bereits begonnen, nun gebe es große Verunsicherung, ob Projekte weiterlaufen können. „Wenn die kein Geld haben, dann sollen die das doch vorher sagen“, ärgert sich Jahn. Wenn zum Beispiel ein auf dreieinhalb Jahre angelegtes BRAS-Projekt zur Klassenraumgestaltung an Schulen zeitlich beschnitten und obendrein die Förderung zusammengestrichen wird, „dann stelle ich die Maßnahme sofort ein“.
Weil die Anträge für 1997 nach diversen Verzögerungen frühestens im Mai offiziell bewilligt würden, hätten gerade kleinere Gesellschaften massive Liquiditätsprobleme, heißt es. Fraglich sei , wie teuer angeschaffte Lehrküchen oder andere Anlagen in Zukunft abbezahlt werden sollen.
In der Klemme ist auch die Planungswerkstatt, die am Buntentorsteinweg mit 20 Langzeitarbeitslosen binnen zwei Jahren einen Neubau hochziehen will. Seit Februar läuft das Projekt, für das die Planungswerkstatt nach Worten ihres Chefs Rolf Diener einen Millionenkredit aufgenommen und zwei Fachleute eingestellt hat. „Wir befürchten, daß 1998 ein halbfertiges Gebäude dasteht“.
Hintergrund der Probleme, die am Montag mit einem Gespräch im Arbeitsressort entschärft werden sollen: Die Arbeitsverwaltung hat jetzt beschlossen, die insgesamt 33 Millionen Mark, die bis 1999 aus dem ESF nach Bremen fließen, über den gesamten Zeitraum zu verteilen. Nun werden auch Projekte leer ausgehen, die auf einer nach fachlichen Kriterien zusammengestellten Liste mit erster Priorität geführt werden. Insgesamt waren Projekte für 42 Millionen Mark beantragt – allein für 1997.
„Es kann doch nicht im Interesse der Träger sein, wenn wir alles Geld im ersten Jahr verbraten und 1999 keine Arbeitsmarktpolitik mehr machen können“, sagt Jörg Henschen, Sprecher des Arbeitsressorts. Kürzungen habe es nicht gegeben. Für 1997/98 sind nun 20,7 Millionen ESF-Mittel vorgesehen, 12,3 Millionen Mark bleiben für 1999 und 2000. Die von den Trägern befürchtete „förderungslose“Lücke in der Zwischenzeit sieht Henschen nicht. Auch sei über die einzelnen Projekte noch nicht das letzte Wort gesprochen.
Viele Träger wissen jedoch noch nicht, was nächstes Jahr wird und klagen über ein „Chaos“im Hause von Arbeitssenator Uwe Beckmeyer (SPD). Auch Mitglieder der Arbeitsdeputation fühlen sich über die komplizierte Materie der vielen Arbeitsfördertöpfe von Beckmeyers Beamten schlecht informiert: „Da blickt keiner durch“. jof
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen