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SPD und CDU kommen sich bei den Steuern näher

■ Arbeitsmarktdebatte im Bundestag mit versöhnlichen Tönen. Finanzminister Theo Waigel mit neuem Kurs: Statt Mehrwert- alternativ Mineralölsteuer erhöhen

Bonn (taz) – Die Koalitionsparteien und die SPD haben gestern in einer ungewohnt sachlich geführten Bundestagsdebatte zum Arbeitsmarkt die Bereitschaft geäußert, die Steuergespräche fortzusetzen. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Schäuble sagte an die SPD gewandt: „Wenn Sie wollen, können wir Anfang nächster Woche weiterreden.“ SPD-Chef Oskar Lafontaine, der schon am Vortag seine Gesprächsbereitschaft signalisiert hatte, und der Fraktionsvorsitzende Rudolf Scharping stellten zwar Bedingungen. Beide Seiten bemühten sich jedoch, auf die Argumente der anderen einzugehen.

Immer deutlicher zeichnet sich eine Einigung bei der Senkung der Lohnzusatzkosten ab. Scharping forderte eine Senkung um zwei Prozent, die schon am 1. Juli dieses Jahres wirksam werden sollte. Schäuble betonte, über eine Senkung der Lohnzusatzkosten bestehe Einigkeit.

Grundsätzlicher Streit besteht darüber, welche Bevölkerungsgruppen durch die Steuer in erster Linie entlastet werden sollen. Scharping forderte Steuerentlastungen bei den „wahren Leistungsträgern der Gesellschaft“, den Arbeitnehmern, um die Massenkaufkraft zu stärken. Schäuble entgegnete, in einer Zeit, in der Deutschland mit jedem Standort in der Welt in Konkurrenz trete, löse mehr Kaufkraft nicht unbedingt mehr Investitionen aus. Reiseweltmeister Deutschland werde dann „noch mehr Geld in die Karibik tragen“. Die Union sei daher dafür, die Investitionsfähigkeit der Unternehmen zu verbessern.

SPD-Chef Lafontaine erwiderte, die Massenkaufkraft in Deutschland werde stranguliert. Er unterstelle damit aber nicht, daß die Politik der Union nicht gut gemeint sei. Sie befinde sich nur auf dem falschen Dampfer. Zuvor hatten sowohl Scharping als auch Grünen-Sprecher Joschka Fischer festgestellt, die Bundesregierung sei mit ihrer neoliberalen Wirtschaftspolitik gescheitert. Der Streik der Bergarbeiter und der Bauarbeiter habe gezeigt, daß eine Politik der sozialen Konfrontation sich nicht lohne. Lafontaine betonte, daß die Steuerreform schon 1998 kommen müsse. Nur auf diese Weise könne gewährleistet werden, daß die Regierung die Steuerreform solide gegenfinanziere. Wie die Koalition die Steuerausfälle in Höhe von 44 Milliarden decken wolle, sei ihm ein Rätsel.

Finanzminister Theo Waigel (CSU) wies gestern auf einer Pressekonferenz, in der er den Referentenentwurf für die zweite Stufe der Steuerreform vorstellte, die Vorbedingungen von Oskar Lafontaine als „pure Show“ zurück. Auch er betonte aber, die Koalition stehe „ab heute“ für neue Gespräche zur Verfügung. Laut Referentenentwurf erweitert sich 1999 das Gesamtvolumen der Bruttoentlastung von bisher vorgesehenen 82 auf 84 Milliarden Mark. Der Abbau der Steuervergünstigungen soll von 38 auf 45,5 Milliarden Mark erweitert werden. Die Deckungslücke würde demnach „nur“ noch 36,5 statt 44 Milliarden Mark betragen. Entgegenkommen zeigte Waigel in der Frage der Gegenfinanzierung. Er bestehe nicht auf einer Mehrwertsteuereerhöhung. Eine solche lehnt die SPD ab. Er könne sich auch vorstellen, so Waigel, daß andere indirekte Steuern erhöht werden – wie etwa die Mineralölsteuer. Markus Franz

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