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Keine Werbepause

■ Die Werbung gehört zu den letzten großen Wachstumsbranchen. Noch.

Der Markt ist müd'. Schlußverkaufsbilanzen werden magerer, und wer noch Geld in der Tasche hat, hält es fest. Doch je müder der Markt ist, desto lauter muß das Klappern sein. Die dafür zuständige Werbebranche verzeichnet als einer der letzten Wirtschaftszweige in Deutschland solide Zuwächse: Um 5,7 Prozent stiegen letztes Jahr die Werbeaufwendungen in den klassischen Medien, 5,2 Prozent Umsatzplus für 1996 konnte in der vergangenen Woche der Gesamtverband der Werbeagenturen (GWA) vermelden, der etwa 80 Prozent der Werber vertritt. Für GWA-Präsident Lothar Leonhard die Bestätigung, „daß Werbung eine motorische Funktion in der Wirtschaft hat“.

Folgt man dem Agenturhäuptling, läuft dieser Motor – Krise hin oder her – mit sattem Brummen weiter. Zum Jahresende wollen seine Mitgliedsagenturen wieder vier bis sechs Prozent Wachstum melden – in einem Wirtschaftszweig, der allein im Bereich der klassischen Medien schon über 27 Milliarden Mark umsetzt.

Dennoch dämmert es der Branche, der Optimismus wie keiner anderen Lebenselixier ist, daß die schönsten Zeiten auch für sie einstweilen vorbei sind: Waren beispielsweise die in enger Symbiose lebenden Fernsehleute und Fernsehwerber in den Vorjahren noch ganz kirre ob des Booms gewesen, ist es für sie seit 1995 vorbei mit zweistelligen Zuwächsen. Seitdem wird genauer gerechnet. Die Sender sind nervös – auf einzelnen Feldern kündigte sich schon ein bißchen Kater an. Dennoch profitiert der TV-Bereich immer noch weitaus stärker als alle anderen Medien von den Zuwächsen.

Und so schön diese sind: Die Rendite der Agenturen, also das, was vom Wirtschaften übrigbleibt, fällt mit zwei Prozent vor Steuern dauerhaft mager aus. Zudem verschieben sich innerhalb der Branche massiv die Gewichte. Der Trend zur Konzentration hat nicht nur die Agenturen erfaßt, sondern auch die Medienwirtschaft und die werbetreibenden Unternehmen. Und das verschärft den Wettbewerb: „Die Spielräume und Gewinne werden kleiner, Kosten und Risiken werden größer“, sagt Bernd-Jürgen Martini, der als freier Mediaberater die Branche beobachtet.

Am meisten Geld hat im letzten Jahr die Telekom in die Branche gepumpt: 337 Millionen Mark gab sie im Jahr der T-Aktie für Werbung aus, fast dreimal soviel, wie die ganze Textilwirtschaft (129 Mio.). Telekommunikation, Finanzdienstleistungen und EDV sind die Branchen der Zukunft. Doch am meisten wird immer noch fürs Auto geworben (10 Prozent aller Aufwendungen). An zweiter Stelle, mit 8,6 Prozent – die Massenmedien. Der Wirt, zeigt sich, ist selbst sein bester Kunde. lm

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