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Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

■ Warten wäre sinnvoll. Denn hält nicht mal Deutschland die Kriterien ein, ist der Euro von Anfang an eine Weichwährung

Theo Waigel bleibt sich selbst treu. „Die Konvergenz bestimmt den Zeitplan“, hat der deutsche Finanzminister gestern vor dem Treffen mit seinen europäischen Kollegen in Brüssel erneut betont. Und beharrt damit eindeutig weiterhin auf den Kriterien, die im Maastricht-Vertrag verabschiedet wurden. Wer nicht gescheit sparen kann, der darf bei der Europäischen Währungsunion (EWU) ab dem 1. Januar 1999 nicht dabeisein. Notfalls auch Deutschland nicht. Sollten die Kernländer Deutschland, Frankreich und die Beneluxländer die Kriterien nicht einhalten können, „findet eine Währungsunion 1999 nicht statt“, sagte Waigel im Herbst vergangenen Jahres.

Für ihn sind die Konvergenz- kriterien ehern. Der Vertrag von Maastricht läßt die Neuverschuldung bei mathematisch ungenauen „3 Prozent“. Theoretisch bietet sich also ein gewisser Spielraum für die Zahl nach dem Komma. Nicht für Waigel, der auf 3,0 Prozent Neuverschuldung des Bruttoinlandsprodukts beharrt. Noch rechnet er mit 2,9 Prozent Neuverschuldung und einer Gesamtverschuldung von 61,5 Prozent für 1997. Wirtschaftsforscher sehen hingegen die Neuverschuldung in diesem maßgeblichen Jahr bei 3,4 bis 3,5 Prozent.

Von Woche zu Woche wird es daher wahrscheinlicher, daß die Währungsunion verschoben wird. Das wäre finanzpolitisch allemal sinnvoller, als die europäische Währung Euro von vornherein aufzuweichen. Wenn nämlich schon der europäische Musterknabe Deutschland die Vorgaben nicht einhält und dennoch dabeisein darf, müssen auch Weichwährungsländer wie Italien oder gar Griechenland mitmachen dürfen. Der Euro wäre damit von Anfang an labbrig. Die europäischen Staaten hätten dann kaum mehr Elan, mit ihren zu spät begonnenen Sparbemühungen fortzufahren und so wenigstens nachträglich den Euro zu erhärten.

„Vorrangiges Ziel muß eine stabile gemeinsame Währung und die Einhaltung der Kriterien sein“, sagt Rolf Kroker vom Institut der deutschen Wirtschaft. Völlig unklar ist nämlich bislang, wie die internationalen Finanzmärkte auf die Nichteinhaltung der Kriterien reagieren werden.

Einige Finanzexperten befürchten, daß die Mark dann wieder zur europäischen Leitwährung und zu stark wird. „Unwahrscheinlich“ findet dies Gerd Häusler, Vorstand der Dresdner Bank. Die Mark laufe vielmehr Gefahr, zu sinken, wenn „Investoren den Eindruck gewinnen, daß die Kriterien nicht konsequent angewandt werden und die Auswahl der EWU- Teilnehmer nicht stabilitätsgerecht vorgenommen wird“. Ulrike Fokken

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