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Köpfe in Reih und Glied

In Bayern hat die BSE-Rinder-Schlachtung begonnen. Über 3.000 Importviecher werden getötet  ■ Aus Erding Klaus Wittmann

Als gestern morgen die ersten Demonstranten zur Tierkörperbeseitigungsanstalt (TBA) Oberding im Landkreis Erding kamen, waren drei Tiertransporte mit Importrindern schon abgefertigt. Die Tierärzte in der TBA hatten ganze Arbeit geleistet. Vierzig Rinderköpfe lagen da in Reih und Glied.

Zuvor hatten private Veterinäre, überwacht vom Amtstierarzt, den Rindern das Beruhigungsmittel „Rompun“ gespritzt und anschließend die tödliche T-61-Giftspritze gesetzt, ein Mittel, von dem Tierschützer sagen, es bewirke einen qualvollen Erstickungstod. Auch im Freistaat Bayern ist somit die größte Rindertötungsaktion in der deutschen Geschichte angelaufen.

Bayern ist das Bundesland mit den meisten zu tötenden Rindern britischer, irischer und schweizerischer Herkunft: Mehr als 3.000 Tiere sollen hier getötet werden. Am ersten Tag wurden ausschließlich Tiere von Bauern geschlachtet, die freiwillig geliefert wurden. Bei vielen konventionellen Bauern ist der wirtschaftliche Druck, gerade wenn mehrere betroffene Tiere im Stall stehen, enorm. „Ich fühle mich an die düstere Vorzeit erinnert“, sagte der Sprecher der Hochlandrinderzüchter, Bernd Lassel, als den Rinderköpfen die Gehirnproben entnommen werden. „Damals hat man den Göttern Blutopfer gebracht. Hier ist die Gottheit die Futtermittelindustrie und die Fleischindustrie.“

Laut Lassel würde mit dieser „sinnlosen Schlachtaktion“ nur eine Marktbereinigung zu Lasten der extensiven Tierhaltung veranstaltet. Dann rückt mit einem Mal die Tierkörperbeseitigungsanlage Oberding selbst in den Mittelpunkt des Interesses. „Ich habe gehört, diese Anlage soll von der EU- Kommission beanstandet worden sein, weil sie nicht den EU-Richtlinien entspricht“, sagt Bernd Lassel. Tatsächlich bestätigt ein Sprecher im Sozialministerium, daß von der EU drei bayerische Anlagen beanstandet wurden, unter anderem die in Oberding.

Bis Anfang April habe die Kommission eine Frist zur Nachrüstung gesetzt. Denn für die Erzeugung von Tiermehl muß dreißig Minuten lang bei einem Druck von 3 Bar eine Temperatur von 133 Grad erreicht werden. In Oberding wird aber dieser Druck noch nicht erreicht. „Das hat auf die aktuelle Aktion keinen Einfluß“, erklärt Georg Moser vom Sozialministerium dazu, „denn es geht hier nicht um die Herstellung von schadstofffreien Produkten, also Tiermehl, sondern dieses erzeugte Granulat wird später in einer Sondermüllanlage verbrannt.“

Der umfangreichste Teil der Schlachtaktion spielt sich nicht in Oberbayern, sondern im Regierungsbezirk Schwaben ab, und zwar überwiegend ab 10. April.

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