: Hemelingen will sein Bad behalten
■ Beirat steht zu Schloßparkbad / BürgerInnen wollen aus Bremen weg: Bibliothek zu, Eisstadion zu, Aquadrom halb zu
Hemelinger BürgerInnen haben es weit zum Bremer Zentrum – und immer noch wächst die Distanz. Wie groß die Lücke zwischen Bremer Rathaus und Hemelinger Ortsamt klafft, zeigte die letzte Beiratssitzung am Donnerstag abend. Thema: Jüngster Sparbeschluß des Senats; drohende Schließung des Freibades am Schloßpark. Der erhoffte 7,5 Millionenerlös aus dem Verkauf der Liegewiese für Wohnbebauung soll der Bädergesellschaft Geld in die Kassen spülen – und dafür die Stadtkasse entlasten.
„Diese Entscheidung ist weder sport- noch sozialpolitisch begründet“, wetterte der als Gast geladene Grüne Sportdeputierte und Abgeordnete Martin Thomas. „Ebensogut könnte man den Domshof zur Bebauung freigeben. Das würde noch richtig Geld bringen.“Mit dem jüngsten Senatsbeschluß werde Hemelingen für den Wert seines Geländes bestraft. Dazu applaudierten Beirat und 70 BesucherInnen – als habe man mit der Großen Koalition aus SPD und CDU quasi nichts zu tun. Die Aufforderung an den Senat, das Schloßparkbad in bisheriger Form zu erhalten, verabschiedete der Beirat rasch und einmütig.
Überhaupt machten die oppositionellen Grünen an diesem Beiratsabend gute Figur – nicht nur, weil Thomas und die ebenfalls angereiste Wirtschaftsdeputierte Helga Trüpel im anhaltenden Protest gegen „die Gewerbebebauung der Hemelinger Marsch“und gegen die Schloßbad-Schließung mit Hemelinger Mehrheiten übereinstimmen. Sondern auch, weil sie persönlich kamen – und die leidvolle Erfahrung der Beiratsmitglieder bestätigten. Wie diese erfuhr auch die Sportdeputation von der geplanten Schloßbad-Schließung aus der Presse. Gleiches widerfuhr dem Chef der Bädergesellschaft. Hemelinger BürgerInnen sind unterdessen hartgesotten. So recht von Herzen empören sie sich nicht mehr. Stattdessen dominieren Bitterkeit, Häme und Verdruß.
„Wir sind leere Versprechen gewöhnt“, schimpfte das Publikum, während Beiratsmitglieder aus Senatsversprechen von 1990 zitierten, nach denen Mercedes die letzte Industrieansiedlung in Hemelingen sein sollte. Auch die Debatte „Schloßbad-Schließung“wurde nach einem Vorlauf von 1993 widerwillig aufgewärmt. Damals setzte man sich gegen FDP-Senator van Nispen mit Argumenten durch. Heute blickt man ungläubig auf 1,2 Millionen Renovierungsmark, die das Bad letztes Jahr verschlang – und fühlt sich darin bestätigt, daß Politik keine Weitsicht kennt.
Schmerzhafte Bilanz: Kein Eisstadion. Keine Stadtteilbüchereien. Kein Freibad – und auch das Aquadrom schließt den Schwimmbereich. Dafür soll eine Hemelinger Industrie-Marsch kommen, aus der die Just-in-Time-Produktion für Mercedes direkt durch Hemelingen geliefert werden könnte. „Wohin sollen da noch unsere Kinder“, fragen stinksauer LehrerInnen, Eltern und LokalpolitikerInnen. „Glauben Sie doch nicht, daß aus Bremen nur die Industrie abwandert“, höhnen sie dann gegen den CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Uwe Dittrich – den einzigen offensiven Vertreter der Bremer Senatslinie. ede
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen