■ Anschlag in Tel Aviv: Politik könnte Terror beenden
: Alternativen zum Blutvergießen

Jassir Arafat trägt für den Bombenanschlag in Tel Aviv keine Verantwortung. „Grünes Licht“ für eine solche Tat hat er auch nicht gegeben. Das hätte sich die islamistische Untergrundorganisation Hamas, die sich zu der Tat bekennt, auch sehr verbeten. Arafat weiß, daß blindwütiger Terror, auch wenn er politisch motiviert ist, die Palästinenser nur ins terroristische Abseits manövrieren kann. Ihr politisch überzeugender und völkerrechtlich begründeter Protest gegen die dümmliche Arroganz israelischer Machtpolitik würde dadurch diskreditiert.

Daran ändert eben auch nichts, daß es Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu war, der die Lunte zu diesem grausamen Anschlag gelegt hat. Seine demonstrative Expansionspolitik im arabischen Ost-Jerusalem war vielleicht als politische Demütigung für Arafat gedacht. Doch provoziert wurde damit vor allem Gewalt. Es war nur eine Frage der Zeit, des Ortes, der Umstände und der Vorbereitungen, bis Blut fließen würde. Israels Sicherheitskräfte haben Netanjahu gewarnt. Konsequent hat dieser Ohren und Augen vor den absehbaren Konsequenzen seiner Konfrontationspolitik verschlossen.

Aber es ist nicht Hamas, die den Gang der Politik im Nahen Osten bestimmt. Und es ist auch nicht Hamas, die dem Friedensprozeß oder das, was von ihm übriggeblieben ist, mit einem Anschlag endgültig den Garaus machen kann. Es sind die politischen Entscheidungen der israelischen Regierung und der palästinensischen Autonomiebehörden, die über Krieg und Frieden zwischen Palästinensern und Israelis entscheiden. Auch wenn er es öffentlich nicht eingesteht, Netanjahu hat bewußt Politik gegen den Osloer Friedensprozeß gemacht. Diese Verantwortung kann ihm niemand abnehmen. Verantwortlich sind aber auch jene Mächte, die eine völkerrechtswidrige Siedlungspolitik verharmlosen und selbst deren bloße Verurteilung im Weltsicherheitsrat per Veto verhindern.

Für jeden toten Israeli in Tel Aviv oder Jerusalem werden die ultrarechten Nationalisten und religiösen Fanatiker jetzt den Bau einer neuen Siedlung fordern. Und jede neue Siedlung wird neue Selbstmordattentäter und mehr unschuldige Leben fordern. Es ist Zeit, den Bau in Har Homa zu stoppen. Um das Leben Unschuldiger zu retten, auf palästinensischer und auf israelischer Seite. Georg Baltissen