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Netanjahu legt den Frieden auf Eis

■ Straßenschlachten zwischen Palästinensern und israelischen Soldaten erinnern an die Intifada. Nach dem Selbstmordattentat in Tel Aviv will Israels Regierung die Gespräche mit der palästinensischen Führung abbrechen

Jerusalem/Hebron (AFP/AP/rtr/taz) – Die israelische Regierung droht Jassir Arafat damit, den Friedensprozeß auszusetzen. Gestern abend noch wollte das Kabinett beschließen, die Kontakte zur Führung der palästinensischen Selbstverwaltung fast vollständig einzufrieren. Die Regierung plane einen Beschluß, der nur noch Kontakte zur Vorbeugung von Terroranschlägen rechtfertige, ließ sich David Bar Illan, Spitzenberater von Regierungschef Benjamin Netanjahu, zitieren. Auch die Umsetzung längst ausgehandelter Projekte soll aufgeschoben werden: die Öffnung eines Hafens und eines Flughafens im Gaza-Streifen sowie die Errichtung von Verbindungskorridoren zwischen Gaza- Streifen und Westjordanland, ebenso die Freilassung palästinensischer Häftlinge in israelischen Gefängnissen.

Im Hauptquartier der palästinensischen Selbstverwaltung gab man sich gestern gelassen bis resigniert. Israel habe den Nahost-Friedensprozeß doch schon längst gestoppt, erklärte Chefunterhändler Saib Erekat. Nun habe es „den Anschein, daß Netanjahu einen detaillierten Plan zur Zerstörung des Friedensprozesses umsetzt“. Der Chef der palästinensischen Selbstverwaltung, Arafat, suchte unterdessen die Wärme der islamischen Solidarität. In Pakistan rief er auf einem Treffen der Organisation der Islamischen Konferenz zur Unterstützung der Palästinenser in der Jerusalem-Frage auf.

Den politischen Aktivitäten waren Straßenschlachten zwischen palästinensischen Jugendlichen und israelischen Soldaten in der im Westjordanland gelegenen Stadt Hebron vorausgegangen. Die Auseinandersetzungen am Samstag erinnerten an Zeiten der Intifada. Nach Angaben von palästinensischen Ärzten wurden dabei 100 Menschen verletzt – die meisten durch israelisches Tränengas, Gummigeschosse und erstmals seit langem auch durch scharfe Munition. Das israelische Militär zählte sieben verletzte Soldaten. Die Demonstranten skandierten Parolen gegen die geplante israelische Siedlung Har Homa. Den palästinensischen Attentäter, der am Freitag in Tel Aviv sich selbst und drei israelische Frauen in die Luft gesprengt hatte, priesen sie als „Helden“. Nach israelischen Angaben war der 28jährige Familienvater bereits einmal wegen Mitgliedschaft bei Hamas inhaftiert. Die islamistische Palästinenserorganisation kündigte gestern weitere Anschläge an.

Tagesthema Seite 3, Kommentar Seite 10

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