: Baurecht nach Gutsherrenart
■ Beim Bebauungsplanverfahren für das Klingelhöferdreieck mischen die Investoren Groth + Graalfs kräftig mit. Sie finanzierten den B-Plan und ließen sich eine Option für die zukünftige Bebauung eintragen
Die Baulöwen Groth + Graalfs strecken ihre Hand nach der Bebauung des Filetstücks Klingelhöferdreieck am Rand des Tiergartens aus. Nach Informationen der taz haben die beiden Investoren nicht nur am Bebauungsplanverfahren (B-Plan) für das Areal mitgewirkt, sondern dieses auch mitfinanziert und sich eine Option für die Bebauung in den B-Plan eintragen lassen. Auf dem rund 20 Hektar großen Gelände zwischen Corneliusstraße, Klingelhöfer- und Stülerstraße ist vorgesehen, 200 bis 250 Wohnungen, Gewerbeeinrichtungen, eine Parkanlage, Botschaften und die neue CDU- Zentrale zu errichten. Das Grundstück befindet sich – bis auf eine Liegenschaft von Mexiko – im Besitz des Landes Berlin.
In das Bebauungsplanverfahren, das normalerweise vom Bezirksamt Tiergarten hätte durchgeführt werden sollen, haben sich Groth + Graalfs mit dem Argument gedrängt, das Gelände habe sich bis Anfang der achtziger Jahre in ihrem Besitz befunden. Außerdem sei damals vom Senat an den Investor die Zusage ergangen, Groth + Graalfs erhielten eine Option auf die zukünftige Bebauung. Für das B-Planverfahren und die dazugehörigen Gutachten investierten die Bauunternehmer jetzt rund 100.000 Mark und ließen sich namentlich in den B-Plan eintragen. Damit gilt als sicher, daß die Investoren den Zuschlag für den Wohnungsbau, die Dienstleistungsbereiche und den Park erhalten. Offen ist, ob sie auch die Botschaften und das CDU-Hauptquartier errichten werden.
Für den Baustadtrat des Bezirks, Horst Porath (SPD), bedeuten die Vergabe des B-Planverfahrens und die Begehrlichkeiten der Investoren „vom Grundsatz her“ erst einmal nichts Ungewöhnliches. Der Bezirk habe das Verfahren an Groth + Graalfs vergeben, da „nicht genug Kapazitäten“ im Planungsamt vorhanden seien, sagte Porath. Außerdem werde der B-Plan „letztlich vom Bezirk und nicht von Groth + Graalfs verabschiedet“.
Porath räumte allerdings ein, daß die Investoren per B-Plan massiv auf den Bezirk Einfluß nehmen könnten. „Natürlich werden Groth + Graalfs ihre Interessen zu wahren versuchen“, so der Baustadtrat. Der Bezirk dürfe sich jedoch keinem Diktat beugen, sondern müsse seine Eigenständigkeit unter Beweis stellen. Porath: „Es wird keinen Ausverkauf von Landesinteressen geben.“
Kritisiert wurde das Bebauungsplanverfahren von Bündnis 90/Die Grünen. Elisabeth Rodé, Sozialstadträtin in Tiergarten, sagte, die Beteiligung von Investoren am B-Plan berge die Gefahr, daß „kommunale und finanzielle Interessen vermischt werden“. Außerdem hätten andere Firmen kaum eine Chance, dort Aufträge zu erhalten. Hinzu komme, so Ida Schillen, baupolitische Sprecherin der Partei im Abgeordnetenhaus, daß die intensive Beteiligung des Investors an der Festlegung des B-Plans dazu führe, „daß der Investor sich sein Planungsrecht selbst schafft“. Rolf Lautenschläger
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