Space-Park: Die zweite Generation?

■ In Bremen noch in der Planung, im Ruhrgebiet schon da: Freizeitparks auf ehemaligen Industriegeländen / Vom Brüter-Museum bis zur Movie-World

ährend Space- und Ocean-Park in Bremen und Bremerhaven noch in der Planungsphase sind, ist die Freizeitpark-Konkurrenz im nördlichen Ruhrgebiet schon einige Schritte weiter: Die Warner-Brothers-Movie-World in Bottrop-Kirchhellen, das CentrO in Oberhausen und das Kernwasser-Wunderland in Kalkar haben allesamt im letzten Jahr ihre Pforten geöffnet.

Die Voraussetzungen in beiden Regionen ähneln sich. Was für Bremen die Werften, waren für das Ruhrgebiet Kohle und Stahl: Garanten für Standortvorteile im Wirtschaftswunder-Deutschland und für tausende Arbeitsplätze. Beide Industriezentren verloren seit den 70er Jahren an Bedeutung, die Produktion konnte fortan nur noch mit staatlichen Subventionen gesichert werden. Jetzt, im Zeichen staatlicher Kürzungen, stehen Ruhrgebiet und Bremen vor einem einschneidenden Strukturwandel. Nur: All diese Entwicklungen verliefen nicht parallel. Die Entwicklung des Reviers war der Bremens immer um ein paar Jahre voraus.

So auch jetzt: Im Ruhrgebiet, in ehemaligen Industrieregionen, ist der Zukunftsmarkt Freizeit bereits Gegenwart. In die Warner-Brothers-Movie-World haben der US-Filmkonzern und der Co-Investor Nixdorf 400 Millionen Mark investiert. Für die zweite Saison, die am 20. März eröffnet wurde, erwarten die Betreiber mindestens zwei Millionen Gäste. Vom Bavaria-Filmpark wurden die Rechte für die „Unendliche Geschichte“, „Das Boot“und die Soap-Opera „Marienhof“gekauft. Für die Fernseh-ZuschauerInnen sollen die Geschichten von der Mattscheibe ins wirkliche Leben geholt werden: „Bestaunen, betreten, anfassen“, faßt Nicola Sölke, Public-Relations-Managerin des Parks, das Konzept zusammen. Batmans Bat-Mobil ist ebenso dabei wie Western-Kulissen und echte Filmstudios. Außerdem sind Überfälle von Alliens im Bermuda-Dreieck und eine Police-Acade-my-Stunt-Show im Eintrittspreis von 36 Mark enthalten. „Die Preisgestaltung ist bewußt sehr familienfreundlich“, betont Sölke, die Cola kostet weniger als in der Durchschnittskneipe in Bottrop.“

Obwohl im benachbarten Kalkar noch nicht viel vom Erlebnispark zu sehen ist, werden dort die BesucherInnen mit 41 Mark zur Kasse gebeten. Und wer neben dem nie in Betrieb gegangenen Atomkraftwerk nächtigen will, muß dafür 100 Mark berappen. Das Kernwasser-Wunderland lebt, wie der Name schon andeutet, vom Reiz des Gefährlichen. Das Maskottchen „Kernie“, ein schmunzelndes Atom-Männchen, führt durch das Gelände. Die Werbebroschüre wirbt mit Superlativen: „Rohrleitungen, um damit die Erdkugel zwei Mal zu umfassen“und „Beton, um damit eine Autobahnstrecke von München nach Nürnberg zu bauen“. Sporthallen, ein Tanzpalast im Reaktorinnern und ein geheimnisvolles „Wasserwunder“sollen schon bald mindestens tausend Tagesbesucher aus den Niederlanden und dem Ruhrgebiet locken, hofft Harald Koch, früher Techniker im Brüter, heute Geschäftsführer des Vergnügungsparks. Für den Betreiber Henny van den Most, in den Niederlanden dick im Freizeitpark-Geschäft, war der Kauf ein Schnäppchen: Für weniger als fünf Millionen Mark erstand der Geschäftsmann den Schnellen Brüter inclusive einer Fläche, „die mehr als 80 Fußballfeldern entspricht“. Ein eher symbolischer Preis angesichts der acht Milliarden Mark, die der Reaktor an Steuergeldern verschlungen hat - die Forschungsgelder noch nicht berücksichtigt.

Auch das CentrO in Oberhausen wurde kräftig subventioniert: Zu den 125 Millionen für die interne Erschließung kommen noch mehr als 300 Millionen für die Verkehrsanbindung, denn für das neue Oberhausener Zentrum wurden eigene Auto- und S-Bahn-Anschlüsse gebaut. Allerdings ist der Freizeitpark nur ein Teil des CentrOs, das auf dem Gelände der ehemaligen Thyssen-Stahlhütte errichtet wurde. Fast 200 Geschäfte bilden Europas größte Einkaufs-Passage; Restaurant-Meile, Kino-Komplex und Sporthallen sollen weitere Gäste anlocken.

Die Stadt Oberhausen und das Land Nordrhein-Westfalen hatten die Millionen-Unterstützung vor allem deshalb bewilligt, um der hohen Arbeitslosigkeit im Revier entgegenzuwir-ken: Mehr als 10.000 neue Arbeitsplätze sollten entstehen. Bislang sind es erst halb so viele. Und davon sind ein Drittel Billig-Jobs auf 610-Mark-Basis und ohne Sozialversicherung. Auf Kritik aus den Reihen der Gewerkschaften und der Oberhausener Grünen reagiert die CentrO-Sprecherin Johanna Maier verständnislos: „Die Arbeitsplätze sollen nicht alle hier, sondern auch im nachziehenden Gewerbepark entstehen.“

Auf eben diese Werbewirksamkeit der Freizeitparks hoffen die Städte im Ruhrgebiet. Den Zentren sollen erst Gaststätten und Hotels, dann Gewerbe und Handel folgen. Denn, so die Warner-Brothers-Managerin Nicola Sölke, „es wird noch viele Jahre dauern, bis der Markt für Freizeitparks erschöpft ist“. In Bremen wird es allerdings auch noch einige Jahre dauern, bis die Parks errichtet sind.

Stephan Günther