■ Der europäische Flugverkehr wird liberalisiert und billiger: Die Bahn wird unterflogen
Die Bahn AG erhöht zum heutigen 1. April die Preise, gleichzeitig wird der europäische Flugverkehr liberalisiert. Nur oberflächlich betrachtet haben die beiden Nachrichten nichts miteinander zu tun. Schon vor dem Fall der Konkurrenzschranken im innereuropäischen Luftverkehr hagelte es Schnäppchenangebote. Für 123 Mark von Hamburg nach München und retour jetten – den Preis unterbietet die Bahn mal gerade mit ihrem „Schönes-Wochenend-Ticket“. Nur, wer will einen ganzen Tag in Nahverkehrszügen verplempern, wenn es möglich ist, schnell und günstig von einer Großstadt in die andere zu kommen?
Und abgesehen von Rabatten wie dem „Schönen Wochenende“ oder dem Supersparpreis, der nun auch teurer wird, gilt beim privatisierten Bahnunternehmen weitgehend business as usual: Angebot und Service bleiben mäßig, aber die Preise steigen zuverlässig. Kein Wunder, daß die Bahn AG nicht länger nur die Konkurrenz durch das Auto fürchten muß. Fliegen ist längst eine echte Alternative zum teuren Zug geworden. Die neuen Anbieter wie Debonair, Eurowings oder auch Deutsche BA gehen nach der jetzigen Freigabe im europäischen Luftverkehr in die nächste Runde des Preiswettbewerbs.
Aber zu welchem Preis tun sie das? Daß Fliegen zu den umweltschädlichsten Fortbewegungsmethoden gehört, ist bekannt. Und es gab Zeiten, in denen in der Bundesrepublik ernsthaft diskutiert wurde, Flugverbindungen unter 500 Kilometer Entfernung einzustellen. Vorbei, vorbei. Zwar mögen viele wissend zustimmen, daß beim Kurztrip per Fluggerät im Vergleich zum Zug und dem Auto ein Vielfaches an Treibhausgasen in die Atmosphäre gepustet wird. Am Ende geben bei der Wahl des Verkehrsmittels andere als ökologische Argumente den Ausschlag: Preis, Schnelligkeit und Bequemlichkeit. Und da ist das Flugzeug derzeit unschlagbar.
Wer das nicht möchte – und bei ernsthafter Prüfung der ökologischen Lage der Welt kann niemand ein ungebremstes Wachstum des Flugverkehrs wollen –, wird nicht umhinkommen, auf die altbekannte Malaise mit den altbekannten Rezepten zu reagieren: Fliegen muß teurer werden. Für Kerosin muß endlich auch eine Steuer erhoben, die Start- und Landegebühren sollten erhöht werden – und das nach Möglichkeit ebenso europäisch-grenzenlos, wie nun die Fluggesellschaften ihr Angebot ausdehnen konnten. Gudrun Giese
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