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Besetzung beurlaubt

■ In Kiel haben Jugendliche fast unbemerkt ein Haus besetzt

Stell Dir vor, es ist Hausbesetzung und keiner geht hin: Seit Karfreitag haben Jugendliche das Haus am Karlstal 34a im Kieler Stadtteil Gaarden besetzt. Sie fordern Geld und Platz für ein selbstverwaltetes Jugendzentrum. Weil jedoch die zuständige Stadträtin für Soziales, Annegreth Bommelmann, im Urlaub ist, werden die BesetzerInnen noch mindestens eine Woche auf Verhandlungen warten müssen.

Bommelmanns Vertreter, Wirtschaftsdezernent Dr. Peter Kirschnick, fühlt sich zu wenig informiert, um zu diskutieren. Einzig Jugendamts-Mitarbeiter Harald Stahnke hat bisher mit den den 16-, bis 26jährigen geredet. „Die Initiative wird von uns durchaus ernstgenommen“, versichert er. Doch für ein Jugendzentrum seien „Gebäude und Geld in der geforderten Größenordnung“nicht vorhanden. Die BesetzerInnen wollen ein Café einrichten, dazu einen Konzertraum und Zimmer für Arbeitsgruppen. Ob in dem Haus am Karlstal oder in einem anderen Gebäude, ist für sie zweitrangig.

Die Polizei wird die rund 20 Jugendlichen momentan nicht aus der ehemaligen Arztpraxis werfen. Sie steht seit zwei Jahren leer, und für eine Räumung müßte der Besitzer Anzeige erstatten. Doch der ist momentan nicht aufzufinden. Gerüchten zufolge ist er in Dänemark, spekulieren die BesetzerInnen. Also bleiben sie, bieten BesucherInnen Kaffee und Tee an, laden ein zur Volksküche und zeigen Filme.

Die Jugendlichen hatten bereits vor zwei Jahren ein Haus besetzt, ihre Forderungen waren dieselben. Damals räumte die Polizei das Gebäude, die Stadt bot ein Zimmer in einer leerstehenden Schule nahe dem Güterbahnhof als Jugendzentrum an – einen Raum, den die Jugendlichen zu wenig zentral und daher inakzeptabel fanden. Die neue Besetzung soll nun Schwung in die Verhandlungen bringen. juw

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