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Stahlwerke Bremen sehen wieder rot

■ Fusion im Ruhrgebiet drückt auf Preise / Verluste in 1996

„Wir sind keine Insel“, mit dieser Klarstellung hat der Betriebsrat der Stahlwerke Bremen den Kollegen seine Sorge um die Fusions-Pläne von Krupp/Hoesch und Thyssen im Ruhrgebiet mitgeteilt. Bei der Fusion wird der fünfgrößte Stahlhersteller der Welt entstehen, mit 24 Milliarden Mark Umsatz im Stahlbereich und 66.000 Beschäftigten – zu Beginn. 12.000 Arbeitsplätze seien gefährdet, rechnet der Stahlwerke-Betriebsrat vor.

Die Bremer gehen dabei davon aus, daß der neue Stahl-Koloß alte Anlagen stillegen und neue Anlagen modernisieren wird, mit weniger Kosten also nicht unbedingt weniger als die bisherigen zwölf Millionen Tonnen pro Jahr auf den Markt bringen kann. Die Bremer Betriebsräte sind davon überzeugt, daß es auch internationale Reaktionen geben wird: „Das, was jetzt begonnen hat, wird nicht am schwarzrotgoldenen Schlagbaum enden“, zitiert der Betriebsrat einen Krupp-Manager.

Keine Entspannung also für die Bremer, deren Hütte vor zwei Jahren auf der Kippe stand. „Wir erinnern uns auch daran, daß damals die Herren Kriwet und Cromme die treibenden Kräfte einer Vernichtung der Bremer Stahlhütte waren“, schreiben die Bremer Stahlwerke-Vertrauensleute in einer Solidaritätsadresse nach Dortmund und Düsseldorf.

Eine Bremer Delegation war deshalb auch jetzt bei der Protestdemonstration in Frankfurt dabei. „Bitte teilt uns mit, wann wieder Aktionen stattfinden, damit wir an ihnen teilnehmen können. Eine Wirtschaftspolitik, die nur noch die Interessen der Aktionäre bedient, bedroht uns alle“, mit diesen Worten demonstrieren die Bremer ihren Schulterschluß. Es gibt also keine „Erleichterung“, daß es diesmal die Dortmunder teffen könnte, der Betriebsrat ist überrascht über eine derartige Interpretation in einem Buten&Binnen-Kommentar. Daß der Kapazitätsabbau, den die Ruhrkonzerne vor Jahren in Bremen erzwingen wollten, nun in Dortmund ansteht, freut in den Bremer Stahlwerken niemand: „Ruhrfusion wird den Konkurrenzkampf verschärfen“, fürchten die Bremer. Allein die Zusammenlegung der Verwaltungen würde 50 Millionen Mark im Jahr sparen. Da der luxemburgische Stahlkonzern Sidmar als Mehrheitsbesitzer derzeit auch investiert und sogar Personal einstellt, scheint die Bremer Hütte auf die neue Zeit vorzubereitet.

Im vergangenen Jahr hatte es auf dem Stahlmarkt im Vorfeld des derzeitigen Fusionskonfliktes an der Ruhr einen Preiskrieg gegeben. Da die Preise nicht wie erwartet anstiegen, fuhr auch die Bremer Hütte erstmals nach der Rettung wieder einen erheblichen Verlust ein. Nur durch Auflösung von Rücklagen konnte das Ergebnis für die Bilanz optisch aufgehellt werden. K.W.

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