piwik no script img

Fließend deutsch zu neuen Märkten

■ Taxi – wohin? Über Imageprobleme der Branche mit dem sensiblen Ehrgefühl

Auch die Taxiverbände wollen perfekte Dienstleister werden – schließlich schrumpften 1996 die Umsätze um 20 Prozent. Eine Antwort auf die dramatische Situation läßt sich nun in einer kleinen Broschüre nachlesen, die von den beiden Taxiverbänden Hamburgs zum „Tag des Taxengewerbes“am 14. April verteilt wird. Unter dem Titel „Nix verstehn, Du sagen, ich fahren“meinen die Autoren, einer der Gründe für die Krise im Taxigewerbe seien „radebrechende Taxifahrer“.

Ein Taxifahrer, der zu wenig Deutsch spreche, habe Streß mit seinen Gästen und sie mit ihm, und dann komme auch die Mentalität ins Spiel: „Er fühlt sich vielleicht nicht anerkannt, sein empfindliches Ehrgefühl ist gekränkt. Dabei liegt es allein an ihm, denn er erfüllt eine Grundvoraussetzung für jeden guten Dienstleister nicht!“

Ein Schelm, der Böses dabei denkt: „Das hat mit Rassismus überhaupt nichts zu tun“, findet Gerhard Christ, Vorsitzender des Landesverbands Hamburger Taxiunternehmer (LHT). 40 Prozent der FahrerInnen seien AusländerInnen, viele von ihnen verstünden keinen einzigen Straßennamen – die Beschwerden darüber seien Legion.

Um zu verhindern, daß AusländerInnen weitere KundInnen vergraulen, hat der LHT bereits 1996 die mündliche Prüfung für den Taxischein wieder eingeführt. „Rein technisch sind mangelnde Deutschkenntnisse tatsächlich ein Problem“, bestätigt Jo Ferschen, Vorstand von „das taxi“, einem Taxifunk, der unter alternativ-linkem Vorzeichen gegründet wurde. „Wir versuchen, den Fahrern Tips zu geben, wo es günstige Deutschkurse gibt.“

Unter den rund 2.600 kleinen Hamburger Taxi-UnternehmerInnen und 12.000 FahrerInnen halte sich, so Ferschen, „die Überzeugung, daß es zu viele Konzessionen gibt“, und da werde die Schuld am Konkurrenzdruck gerne den Nicht-Deutschen zugeschoben. Die Zahl der zugelassenen Wagen ist in Hamburg jedoch mit rund 3800 seit zehn Jahren fast ebenso konstant wie die Nachfrage nach FahrerInnen. Der Umsatzrückgang im Taxigewerbe spiegelt sowohl die Einbrüche bei der Gastronomie wider als auch etwa den Sparkurs der Krankenkassen, die seit der „Gesundheitsreform“weniger Fahrten bezahlen. Betriebe wie „das taxi“setzen nun auf Kurierfahrten und Sammelfahrten in größeren Wagen oder Fahrten für SeniorInnen und für Kinder.

Solche neuen Märkte zu entdecken, hat auch die Handelskammer mit den Verbänden den „Tag des Taxigewerbes“aus der Taufe gehoben. Am 14. April startet die ultimative Image-Aufbesserungsaktion mit „Kaffee aus bedruckten Bechern, Gulaschkanone und Glücksrad“. Ulrike Winkelmann

Diskussionsforum zu Perspektiven des Taxigewerbes mit Handelskammer, Taxenverbänden und Baubehörde: 14. April ab 10 Uhr in der Handelskammer, Adolphsplatz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen