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Feindlicher Norden

■ Albaniens Premier Fino wird Reise durch Berisha-Anhänger verwehrt

Tirana (dpa/AFP) – Unbekannte Bewaffnete haben am Wochenende dem albanischen Regierungschef Bashkim Fino den Besuch der im Norden gelegenen Stadt Shkoder verwehrt. Fino und mehrere Minister seines Übergangskabinetts seien durch Schüsse in die Luft und Explosionen zur Rückkehr nach Tirana gezwungen worden, berichtete die Regierung. Es war die erste Reise des Sozialisten Fino nach Nordalbanien, das als Hochburg von Präsident Sali Berisha gilt.

Obwohl der von den Sozialisten gestellte Verteidigungsminister Shaqir Vukaj die Aufständischen in Vlora besucht hatte, besitzt die Regierung auch im Süden keine Autorität. Das erläuterte der griechische Verteidigungsminister Akis Tsochatsopoulos gestern in der französischen Zeitung Le Monde. Deshalb wolle auch keines der Länder, die ab 14. April mit der Stationierung der Schutztruppe in Albanien beginnen wollen, dort seine Soldaten postieren.

Die etwa sechstausend Mann starke Schutztruppe wird nach Meinung eines österreichischen Militärexperten erheblichen Gefahren ausgesetzt sein. „Der Einsatz hat Elemente des gescheiterten Eingreifens der UN in Somalia“, sagte Oberstleutnant Gustaf Gustenau in Wien. „Es gibt keine staatlichen Strukturen mehr, politisch motivierte Gewaltakte vermischen sich mit ,normaler‘ Kriminalität, schwerbewaffnete Jugendbanden ziehen durchs Land.“ Es sei außerdem mit Geiselnahmen zu rechnen.

Die Aufständischen haben Zeitungsberichten zufolge in Tirana Kulturgüter des Balkanstaats geplündert, nachdem Polizei und Wachdienste abgezogen waren. Aus Museen seien antike Statuen gestohlen worden. Öffentliche Büchereien mit einer Million Bände seien niedergebrannt und die Universitäten des Landes schwer demoliert worden.

In Vlora wurden bei Überfällen bewaffneter Banden am Wochenende erneut zwei Menschen getötet. Ein Kind wurde bei der Explosion einer Granate schwer verletzt.

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