: Ruhe statt Frieden auf St. Pauli
Hafenkrankenhaus-Besetzung ist erfolgreich beendet. Senat und Kassen sagen zu, nächste Woche eine Notfallambulanz zu eröffnen ■ Von Lisa Schönemann
Die Besetzung des Hafenkrankenhauses auf St. Pauli ist beendet. Anfang nächster Woche soll in der umkämpften Klinik am Zirkusweg eine Notfallambulanz eröffnet werden. Darauf verständigte sich gestern das Forum St. Pauli am Runden Tisch mit Stadtentwicklungssenator Thomas Mirow (SPD). Nach nur zwei Gesprächsrunden über die Zukunft des Kiezes liegt somit ein Ergebnis vor, das die Stadtteil-Inis „als Erfolg“bewerten.
Die Stadterneuerungsgesellschaft (STEG) wird, so wurde vereinbart, vom Krankenhausträger LBK die seit dem 3. Februar besetzte Station D anmieten. Dort sollen die Planungen für ein Gesundheitszentrum für den Stadtteil weiterverfolgt werden. Das Mietverhältnis ist befristet bis zum Ende des Jahres. Auch die murrenden Krankenkassen haben trotz Befürchtungen über die Unrentabilität der Einrichtung grünes Licht gegeben. Schon Anfang nächster Woche sollen einige ehemalige Hafenkrankenhausbedienstete und Personal aus anderen Kliniken den Betrieb in Schwung bringen.
Viel wird dort nach den Berechnungen eines niedergelassenen Arztes aus St. Pauli freilich nicht passieren: Von den früher jährlich rund 12.000 AmbulanzpatientInnen könne künftig nur noch die Hälfte dort behandelt werden. Denn die Einrichtung unter der Federführung des AK St. Georg kann für lebensbedrohliche Verletzungen keine entsprechende Behandlung anbieten. Feuerwehr und Rettungsdienste werden weiterhin auf andere Kliniken ausweichen müssen.
Weniger Erfolg hatte Thomas Mirow mit den Vorschlägen für eine Bebauung des Grundstückes mit 250 Altenwohnungen. Das „gerontologische Silo“stieß am Runden Tisch auf herbe Kritik. Auch die Gestaltung des Spielbudenplatzes wurde in eine Arbeitsgruppe verwiesen. Mirows Ansinnen, die Fläche einfach zu planieren, blieb weit hinter den Vorstellungen der Interessengemeinschaft St. Pauli zurück, die Bauarbeiten in den umsatzstarken Sommermonaten ohnehin nicht schätzt.
Die BesetzerInnen verbuchen den gestrigen Friedensschluß nach mehr als zweimonatiger Besetzung der Traditionsklinik am Hafen dennoch als Erfolg. Schließlich wird der Runde Tisch in vierzehn Tagen eine „Planungsgruppe Gesundheitszentrum „ins Leben rufen, eine Bedarfsanalyse in Auftrag geben und über den Verbleib der Geräte wachen. Zwei Anbieter – der Verein für Obdachlosenhilfe OASE und der Pflegedienst Intervall – haben ihre Mitarbeit beim Aufbau eines Gesundheitszentrums bereits konkretisiert.
Das 100 Jahre alte Hafenkrankenhaus war auf Beschluß des Senats zum 1. März geschlossen worden. Die BesetzerInnen hatten Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) die Option auf einen Runden Tisch zu den Problemen des Stadtteils abgerungen, der sich zum ersten Mal am 28. Februar zusammengesetzt hatte.
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