■ Kommentar: Roß und Reiter
Das Verfassungsrecht auf „informationelle Selbstbestimmung“ – der Schutz persönlicher und intimer Daten vor Behörden, Institutionen oder Privatpersoenen – ist ein hohes schützenswertes Gut. Viele Jahre lang haben die Menschen dieser Republik darum gekämpft, daß dieses Recht von staatlichen Institutionen respektiert wird. Sei es im Widerstand gegen Volkszählung und Mikrozensus, im Kampf gegen Lauschangriffe oder die Errichtung geheimer Staats- oder Verfassungsschutz-Dateien. Diese Rechte gilt es zu verteidigen.
Doch im Rechtsstreit vor dem Hamburgischen Verfassungsgericht im Zusammenhang mit dem Polizeiskandal taucht eine ganz andere Frage auf: Hat ein Polizist im Dienst oder bei der Durchführung einer Amtshandlungen überhaupt ein Recht auf „informationelle Selbstbestimmung“? Immerhin gibt es für Polizisten im Dienst auch kein Recht aufs eigene Bild.
Dabei kann es natürlich bei der Auswertung von Disziplinar- oder sonstigen Akten nicht darum gehen, persönlich-intime Informationen zu erörtern – mit wem jemand das Wochenende verbracht oder welche Krankheiten ein Beamter haben soll oder ob er verschuldet ist. In der Aufklärungsverpflichtung des PUA-Polizei geht es nur darum, welchen Vergehen sich womöglich ein Polizist schuldig gemacht haben könnte. Und da hat das „Opfer“ Öffentlichkeit ein Recht auf Ent-Anonymisierung. Da darf nicht nur von „M.“ oder „Nr. 22“ geredet werden, gerade bei der Anhäufung von Vorwürfen müssen Roß und Reiter – sprich: Namen – genannt werden, um mögliche Verkettungen zu erkennen und rückhaltlos aufzuklären. Kai von Appen
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