: Ohne Girokonto gibt es keinen Arbeitsplatz
■ Banken wollen nicht jeden Kunden / Verbraucherzentrale macht mobil
Ein gesetzliches „Recht auf Girokonto“ hat die Hamburger Verbraucherzentrale (VZ) gestern gefordert. „Die Unterhaltung eines Girokontos ist elementar für die Teilnahme am Geld- und Wirtschaftsverkehr“, so VZ-Sprecher Günter Hörmann. Noch immer würden rund 20.000 Hamburgern von Banken und Sparkassen mit fadenscheinigen Gründen die Einrichtung von Konten verweigert – mit erheblichen Konsequenzen für die Betroffenen.
Immer wieder ist VZ-Beraterin Edda Castello mit der gleichen Problematik konfrontiert: Überschuldete, die trotz Liquidität vom Zahlungsverkehr ausgegrenzt sind. Castello: „Oft sind es geschiedene Frauen, die Schulden ihres Mannes abtragen müssen.“ Aber auch Sozialhilfeempfänger, Langzeitkranke oder -arbeitslose sowie Ausländer gehören zu den Ausgegrenzten. Dabei sei ein Girokonto oft Voraussetzung, um Sozialhilfe oder Unterhaltszahlungen zu bekommmen.
Ähnliche Erfahrungen macht auch Anneliese Bügger von der Beschäftigungsgesellschaft „Hamburg West“. Jedem zehnten der 500 Beschäftigten wird aufgrund früherer Langzeitarbeitslosigkeit ein Giro-Guthabenkonto – also ohne Dispokredit – verweigert. „Wir haben vergeblich versucht, für unsere Mitarbeiter bei der Hamburger Sparkasse Guthaben-Konten einzurichten. Wir haben nunmehr den Vorstand angeschrieben – bislang aber noch keine Antwort erhalten.“
Damit könnten Bemühungen, Langzeitarbeitslose wieder ins Berufsleben zu integrieren, zunichte gemacht werden. Büggel: „Ein normaler Arbeitgeber verlangt immer ein Girokonto. Die Leute sind qualifiziert, motiviert und haben dennoch keine Chance, ohne Konto in den 1. Arbeitsmarkt zu kommen.“
Bittere Erfahrungen machte auch Karin Kaufmann vom Gesundheitsamt Eimsbüttel. Sie betreut zum Beispiel einen Mann, der zwei Jahre arbeitsunfähig war. Nunmehr hat er wieder einen Halbtags-Job und Aussicht auf eine Ganztagsstelle. Voraussetzung des Arbeitgebers: Ein Girokonto – was er nicht bekommt.
Die Ergebnisse einer VZ-Umfrage zeichnen ein düsteres Bild von der Praxis Hamburger Geldinstitute. Während die privaten Großbanken jegliche Auskunft verweigerten, kamen von Sparda-Bank und HaSpa ein „Ja, aber“. Voraussetzung sei lediglich eine positive Auskunft der SCHUFA, des Überwachungsvereins des deutschen Kreditgewerbes. Castello: „Das ist im Grunde ein Nein.“
Einzige Lichtblicke seien die Kreissparkassen Pinneberg und Lauenburg sowie die Citibank. Diese Institute erklärten sich vorbehaltslos bereit, Giros für überschuldete Kontolose einzurichten. Castello: „Wir schicken die Leute natürlich jetzt zur Citi-Bank, werden aber genau beobachten, ob ein Pferdefuß dahintersteckt.“
Kai von Appen
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