piwik no script img

Krankheitsphobie

■ Am BSE-Erreger sind erst wenige erkrankt, aber die Ängste sind groß

Berlin (taz) – In Großbritannien haben immer mehr Menschen Angst, an der neuen, durch die Rinderkrankheit BSE ausgelösten Variante der Creutzfeldt-Jakob- Krankheit zu leiden. Ähnlich wie vor zehn Jahren bei Aids gibt es offenbar auch bei BSE und Creutzfeldt-Jakob Phobiephänomene. Die angesehene medizinische Fachzeitschrift Lancet spricht von einer „mediengemachten Hypochondrie“. Britische Zeitungen hatten immer wieder unseriöse Abschätzungen veröffentlicht.

Die tatsächliche Zahl der nach offiziellen Angaben erkrankten Menschen liegt augenblicklich bei 17. In Frankreich wurde ein Fall registriert. In Großbritannien sind 16 Menschen erkrankt, von denen 13 gestorben sind. Dies geht aus dem diese Woche veröffentlichten Überblick der britischen Gesundheitsministeriums hervor. Das Durchschnittsalter der Erkrankten beträgt 30 Jahre. Im März 1996 hatte die britische Regierung erstmals von zehn Fällen berichtet und dabei zugeben müssen, daß die Übertragung des BSE-Erregers die wahrscheinliche Krankheitsursache ist.

Die in Edinburgh ansässige Überwachungseinheit für Creutzfeldt-Jakob hat sich jetzt gegen Vorwürfe zur Wehr gesetzt, sie berichte nicht ausreichend über den Fortgang der Epidemie. Kritiker hatten verlangt, daß auch die Zahl der überwiesenen Verdachtsfälle regelmäßig publiziert werden sollte. In einer Erklärung in der medizinischen Fachpresse haben die Edinburgher Wissenschaftler dem widersprochen, gleichzeitig aber detaillierte Zahlen vorgelegt.

In den vergangenen zwölf Monaten wurden danach insgesamt 37 Verdachtsfälle überwiesen, von denen allerdings die meisten nicht bestätigt wurden. Fünfmal wurde die neue Krankheit sicher diagnostiziert, einmal wird sie als „wahrscheinlich“ angenommen. In vier Fällen steht die Klärung noch aus.

Eine regelmäßige Veröffentlichung aller Verdachtsmeldungen, schreiben die Forscher, sei „wenig informativ“, weil sich nur wenige Fälle als tatsächliche Erkrankungen bestätigen ließen. Gegenwärtig werden der Überwachungseinheit monatlich „ein bis fünf“ Verdachtsfälle gemeldet. Eine Zunahme sei nicht erkennbar, sagte der Leiter Robert Will.

In den letzten Tagen sind zwei Männer in Deutschland an Creutzfeldt-Jakob gestorben – ein 46jähriger im hessischen Rodenbach, ein 70jähriger in Regensburg in Bayern. Ein Zusammenhang mit BSE ist bisher nicht nachgewiesen. Manfred Kriener

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen