: Global denken, lokal trödeln
■ Für April zugesagte ABM-Stellen zur Umsetzung der lokalen Agenda 21 in den Bezirken lassen auf sich warten. Probleme zwischen Verwaltung und Arbeitsämtern
Die Umsetzung der „lokalen Agenda 21“ in den Bezirken hat einen neuen Dämpfer erhalten. 24 ausdrücklich für April zugesicherte ABM-Stellen zur Koordinierung der Agenda-Arbeit in den Bezirken und in der Umweltverwaltung wird es erst mal nicht geben. Das haben die Leiterin des Umweltamtes Mitte, Regine Grafe, und die Umweltverwaltung bestätigt. In keinem der 23 Bezirksämter seien bisher auch nur die Vorbereitungen für die ABM- Stellen angelaufen, sagte Grafe.
Die Bezirke fürchten nun, daß Berlin bei der ohnehin schleichenden Umsetzung der 1992 in Rio übernommenen Verpflichtung noch weiter zurückbleibt. Die Stellen könnten statt der angekündigten Verzögerung von sechs bis acht Wochen erst nach der Sommerpause besetzt werden, meint Grafe. Das wiederum könnte die Bereitstellung einer zweiten ABM-Stelle gefährden, die den Bezirken für September 1997 von der Umweltverwaltung ebenfalls für die Koordinierung der „lokalen Agenda 21“ versprochen worden war.
Bei der UNO-Umwelt-Konferenz von Rio de Janeiro im Sommer 1992 hatten die Staaten sich unter anderem zur Einhaltung einer „lokalen Agenda 21“ verpflichtet. Nach diesem Fahrplan soll die Entwicklung von Sozialsystemen, Wirtschaft und Ökologie nach den Prinzipien der Nachhaltigkeit abgestimmt werden. Diese Ziele und ihre Umsetzung sollen von den Staaten verbindlich festgelegt werden. Träger dieser Entwicklung soll laut UNO-Dokument die Bevölkerung sein. Bis Ende 1996 sollten nach der UNO- Deklaration die Kommunen und Bezirke nach einer breiten Diskussion in der Bevölkerung ihre Thesen zur nachhaltigen ökologischen, sozialen und kulturellen Entwicklung niederlegen. Diese selbstgesetzte Frist hat Berlin verstreichen lassen. Die Thesen gibt es zwar in manchen Bezirken in Ansätzen schon – doch eine breite Diskussion in der Bevölkerung hat noch nicht stattgefunden.
Um diesen großen Rückstand wenigstens teilweise aufzuheben, bot die Verwaltung von Umweltsenator Peter Strieder (SPD) im vergangenen Juni an, für die Bereitstellung der ABM-Stellen mit der Arbeitsverwaltung und den Arbeitsämtern zu sorgen. Bei jeweils einem Arbeitsamt im Osten und Westen der Stadt sollten die BewerberInnen gesucht und auf die Bezirke verteilt werden. „Diese Koordinierung hat es aber bislang nicht gegeben“, meint Regine Grafe nach einem Überblick über die anderen Bezirke. Die Stellen für die Westbezirke seien bereits bewilligt, sagt dagegen Joachim Günther von der Umweltverwaltung. Nun müßten nur noch entsprechende Kandidaten gesucht werden, die im Mai antreten könnten. Mit dem Arbeitsamt für den Ostteil der Stadt dagegen müsse noch verhandelt werden. Die Verzögerung sei auch durch die Kürzung bei den Arbeitsämtern Ende 1996 entstanden.
Für Stefan Richter von der „Grünen Liga“ dagegen zeigt das Trödeln bei der ABM-Vergabe, daß die „Wertigkeit der Agenda 21 für den Senat ganz weit hinten steht“. Für die „Aktion sauberes Berlin“ etwa seien in der Hälfte der Zeit „ratz-fatz ABM-Stellen dagewesen“. Zwar erstellten einige Bezirke ihre Konzepte, aber die „gehen nicht weit genug und sind zu allgemein“. Letztlich aber sei auch der Senat gefordert, weil dort beispielsweise die Entscheidungen zur Verkehrspolitik fallen. „Und vom Senat und der Umweltverwaltung ist bisher zur Agenda 21 nichts gekommen.“
„Berlin schlappt hinterher“, meint auch Beatrix Fautz, die die Arbeit zur lokalen Agenda beim BUND koordiniert. Bisher gebe es trotz einiger Ansätze in der Bezirken hauptsächlich „grüne Theorie“. Bei der Frage der verzögerten ABM-Stellen in den Bezirken können die BUNDler nur müde lächeln: Ihre eigene ABM-Stelle zur Koordinierung der Agenda-Arbeit ist Ende März ausgelaufen und wurde nicht verlängert. Bernhard Pötter
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