: Auf der Suche nach einer friedlichen Zukunft
■ In Bosnien bauen Mitglieder und Mitarbeiter von „Schüler Helfen Leben" ein multiethnisches Kommunikationsnetz für interessierte Jugendliche in Europa auf
Berlin (taz) – Die Schülerhilfsorganisation „Schüler Helfen Leben“ (SHL) baut in Sarajevo ein Internationales Jugendbegegnungshaus (IJBH) für ganz Bosnien. Die Schülerinnen und Schüler sammeln seit Ende 1992 Spenden für den Wiederaufbau von Schulen und Kindergärten im ehemaligen Jugoslawien. Und auch nach dem Dayton-Abkommen engagiert sich die Initiative mit ihren Mitglieder für den Frieden. Dem neuesten Projekt, das Mitte des Jahres realisiert wird, mißt Rhys Nölke, der Bundeskoordinator der Initiative, wichtige Bedeutung bei.
„Derzeit wird durch die staatliche Propaganda mit allen Mitteln jegliche multiethnische Kommunikation behindert oder gar unterbunden. Da muß sich etwas ändern“, berichtet Rhys, der vor einer Woche aus dem zerstörten Sarajevo zurückgekehrt ist.
Doch nicht nur die Kommunikation der serbischen, kroatischen und bosnischen Jugend soll gefördert werden. Das Fundament für einen internationalen Gedankenaustausch wird im Rahmen verschiedener Seminare, Arbeitsgruppen und Projekte geschaffen. Die SHL-Mitarbeiter vor Ort erhoffen sich dadurch erneute Beziehungen über die innerbosnischen Grenzen hinweg. Das intensive Zusammenwirken von Jugendlichen aus ganz Europa setzt voraus, daß das IJBH gleichzeitig als Übernachtungsstätte genutzt wird. Und treffen viele Menschen aufeinander, darf die Kultur nicht fehlen. Daher werden junge SHL-Mitarbeiter mit bosnischen Jugendlichen versuchen, Aktivitäten beispielsweise in den Bereichen Theater und Musik im IJBH unterzubringen. Weiterhin werden verschiedene Künstler eingeladen. „Die bosnischen Jugendlichen brauchen dringend solche Freiräume zur Gestaltung. Der Krieg hat vielen die Existenzgrundlage entzogen – aber die jetzige Ungewißheit über ihre Zukunft raubt ihnen jede Hoffnung“, erzählt der 19jährige Rhys.
Aus diesem Grunde richtete SHL im Herbst vergangenen Jahres das Youth Net ein. Mehrere Computerstationen mit E-Mail- Anschluß wurden in verschiedenen Städten aufgebaut. In Banja Luka, Mostar, Tuzla und Sarajevo begannen die Jugendlichen, sich gegenseitig zu schreiben. Ein Novum, da Telefonverbindungen zwischen den Städten nur über internationale Anschlüsse möglich sind.
Bald kam die Idee auf, gemeinsam ein gesamtbosnisches Jugendmagazin herauszugeben. Zusammen mit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ermöglichte SHL den Jugendlichen ein erstes gemeinsames Redaktionstreffen. Nepitani (die Ungefragten, Ungehörten) erschien erstmals im März dieses Jahres. „Die Jugendlichen haben großen Spaß daran, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen. Berührungsängste waren schnell vergessen“, so Rhys. Beide Medien werden Räume im IJBH haben. Herausgeber und Leser können so direkt miteinander kommunizieren. Der Beginn eines friedlichen Nebeneinanders.
Wer mehr zum IJBH oder „Schüler Helfen Leben“ erfahren will, wende sich an: SHL-Bundesbüro, Fritz-Kohl-Str. 24, 55122 Mainz, Tel. 06131-385742 Antje Wittig
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen