: Informationsresistente Kiffer-Therapie
■ Expertenrunde zur Haschisch-Freigabe: Nur die CDU ist gegen Legalisierung
Da „die Gesellschaft bereits unendliche Probleme mit Nikotin und Alkohol hat“, wie Frauke Tengler, drogenpolitische Sprecherin der CDU in Schleswig-Holstein, diagnostizierte, dürfe Cannabis nicht als weiteres Suchtmittel zugelassen werden. Mehr Legalisierung, mehr Probleme, so ihre Logik – für die sie sich auf dem Podium zum Thema „Cannabis – Chancen und Risiken einer Entkriminalisierung aus wissenschaftlicher Sicht“von Heide Moser, der Kieler Gesundheitsministerin, sagen lassen mußte: „Die Gegner einer kontrollierten Abgabe von Cannabis sind informationsresistent.“
Auf Ladung der Psychiatrie und Nervenklinik des Universitätskrankenhauses Eppendorf (UKE) war die Runde in den Räumen der Hamburger Ärztekammer zusammengekommen. Es sollte eine Diskussion geführt werden, die „von dem ausgeht, was an Wissen vorhanden ist“, hatte Moser, deren Vorschlag eines Modellversuchs zur kontrollierten Cannabis-Abgabe in Apotheken seit Monaten für Kontroversen sorgt, immer wieder angemahnt. Sie verwies auf eine Studie, nach der die Verfügbarkeit von Rauschmitteln nichts über die Quantität und das Konsummuster aussage.
Bei Tengler stieß sie damit auf taube Ohren: „Eine weitere Verfügbarkeit steigert den Konsum“, beharrte diese. Unterstützt wurde sie von ihrem Parteikollegen Horst Eylmann, dem Vorsitzendem des Rechtsausschusses der CDU/CSU im Bundestag. Der belustigte das etwa 100köpfige Fachpublikum mit seinen Vorschlägen, das „Suchtproblem Cannabis“zu lösen: „Wir wollen die Konsumenten nicht bestrafen“, rief er ins Auditorium. „Wir setzen auf Prävention und Therapie“– worauf ein verblüfftes „Therapie für Kiffer?“im Saal die Runde machte.
Hochemotional sei die Debatte um die Freigabe von Cannabis, bilanzierte Moser, da „jeder sein Suchtpotential in sich trägt“. Hochgradig irrational empfand den Schlagabtausch auch die Hamburger GAL-Spitzenkandidatin Krista Sager, die „deutsche Ordnung“in die Diskussion bringen wollte. Sager warnte davor, den Modellversuch mit Erwartungen zu überfrachten: „Der Trend geht heute eher zu euphorisierenden und leistungsteigernden Drogen als zum Kiffen. In dem Bereich bekommt man keine Nachfragesteuerung über einen Modellversuch zur Freigabe von Cannabis.“Allerdings „muß es den Modellversuch leider geben, weil etwas anderes nicht möglich ist“. Elke Spanner
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