Innensenator Borttscheller als Cannabis-Verkäufer?

■ Junge Union machte „Legalisierung von Drogen“zum Thema

Provokante Fragen mußte sich Innensenator Ralf Borttscheller (CDU) da von dem Junge-Unions-Mitglied Katrin Hannken gefallen lassen. Galt es doch auf dem diesjährigen Landestag der Jungen Union am Sonntag, das ungewöhnliche Thema „Legalisierung von Drogen“zu diskutieren – „weil es einfach ein Tabu in der CDU ist und immer nur emotional niedergemacht wird“, begründete Diskussionsleiterin Katrin Hannken das angesetzte Streitgespräch zwischen Borttscheller und dem Hamburger Drogenbeauftragten Horst Bossong im Bürgerhaus Hemelingen. „Hat die Drogenpolitik der Union nicht irgendwie versagt?“, fragte sie dann auch aufrührerisch in die Runde, stand mit dieser Meinung aber ziemlich alleine da.

Denn kesse Angebote der Diskussionsleiterin an den Innensenator, wie „Der Anbau von Cannabis wäre für Bremen doch eine interessante Einnahmequelle. Wir würden alle ein bißchen mitgießen und den Stoff dann in Ihrer Behörde verkaufen“, wurden vom Publikum gleich mit dem altbekannten CDU-Populismus niedergemacht: „Junkies besser kasernieren“. „Bloß kein Haschisch wie in Holland legalisieren. Die rauchen das ja sogar im Zug. Und wenn man sie dabei beobachtet, hat man Angst, daß die gleich zuschlagen“, gaben zwei Delegierte bei der anschließenden Diskussion zum besten. Bei dieser Meinungsäußerung blieb es dann auch und die Herren auf dem Podium konnten sich weiter ihrem ermüdenden Pro- und Contra-Gespräch widmen.

Innensenator Borttscheller trug nämlich nicht gerade zur Lebendigkeit der Diskussion bei. Statt sich ordentlich zu streiten, machte er es sich lieber auf dem Stuhl bequem und wiederholte gebetsmühlenartig seine drogenpolitischen Positionen: Ja zur Repression und nein zu Cannabis-Modellversuchen in Schleswig-Holstein. Cannabis sei nach wie vor eine Einstiegsdroge und der Staat könne nicht für die „Gräber auf den Friedhöfen verantwortlich sein“. Dasselbe Nein auch zu Hamburgs Vorstoß im Bundesrat, sich für eine vom Staat organisierte und von Ärzten kontrollierte Heroinabgabe einzusetzen. „Horrorvisionen“sind das für Borttscheller, denn: „Wer trägt dann die Verantwortung für die Drogentoten?“Außerdem könne man mit solchen Modellversuchen den Schwarzmarkt auch nicht ausschalten, fügte er leidenschaftslos hinzu und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, um auf die Antwort des Drogenbeauftragten zu warten.

Der konnte im Gegensatz zu Borttscheller zwar mit handfesten Zahlen aufwarten, von Diskussionseifer aber auch hier keine Spur. Der von Hamburg geforderte Modellversuch werde bereits in der Schweiz praktiziert, erklärte er. Dort hätte es bisher nur einen Toten aufgrund einer Überdosis gegeben. Der Schwarzmarkt konnte in der Schweiz bisher nicht bekämpft werden, „weil nur 250 Patienten behandelt wurden. Wenn wir an 8.000 schwerst Drogenabhängige Heroin abgeben, wird sich das Geschäft nicht mehr lohnen“, machte der Drogenbeauftragte klar. „Wir müssen den organisierten Drogenhandel doch mit aller Macht bekämpfen und dürfen nicht auch noch die Drogenabhängigen auf der Straße bestrafen“, versuchte er einen kleinen Seitenhieb auf die Bremer Strafverfolgungspraxis am Bahnhof, um ganz vorsichtig nachzuschieben: „Herr Borttscheller, wir sind doch gar nicht so weit voneinander entfernt. Wir sind doch beide für Repression und Prävention. Bis auf den Unterschied, daß Hamburg noch ein zusätzliches Instrument auf den Markt bringen will“. Beide Kontrahenten trennten sich mit den jeweils unterschiedlichen Bekenntnissen zum „falschen“oder „richtigen Zeichen“.

Da durfte die Diskussionsleiterin ihre jungen Unionisten noch mit einem abschließenden Credo, „Wir bleiben beim Thema Drogen aber am Ball“, in die langersehnte Mittagspause entlassen: Kauende statt diskutierende Mäuler gab es dann zu sehen beim von Mc Donalds gesponserten Mahl. kat