piwik no script img

Pauker im Pinselprotest

■ Lehrer verweigern Unterricht und renovieren dafür die Schule

Gestern morgen konnten die Berufs- und GymnasialschülerInnen des Schulzentrums Waller Ring gleich wieder am Schultor abdrehen und nach Hause gehen. Die LehrerInnen zogen es vor, die Schule zu renovieren. Heute wird es im Schulzentrum Schaumburger Straße keinen Unterricht, aber dafür ein vorbereitetes Zentraldiktat via Lautsprecher geben – und in der kommenden Woche werden jede Menge ähnlicher Aktionen an Bremer Schulen stattfinden. So hat es die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) schon angekündigt. Der Grund: Bremens LehrerInnen sind sauer über den Senatsbeschluß zur Arbeitszeitverlängerung. „Unser Ziel ist nach wie vor, diesen Beschluß zurückzudrehen“, so GEW-Sprecher Heiko Gosch. Und dafür nehmen die Boykott-LehrerInnen auch Gehaltskürzungen in Kauf. Die hat die Bildungssenatorin angekündigt. Bis zum 26. April sollen die SchulleiterInnen der von den Aktionen betroffenen Schulen melden, wieviel Unterricht bei welchen LehrerInnen ausgefallen ist. Entsprechend dünner soll die Lohntüte werden.

Zumindest im Fall Waller Ring kann da eine interessante Auseinandersetzung auf das Bildungsressort zukommen. Da sind die LehrerInnen nämlich gestern nicht schlicht daheim geblieben. Sie haben fast geschlossen den halben Tag lang Klassenräume gestrichen, Tische, Bänke, Sportgeräte repariert, Duschen und Umkleidekabinen gesäubert, sind mehrfach zur Müllkippe kutschiert, und, und – und all das auf eigene Kosten. „Bei uns gibt es Bereiche, die sind 1972 zum letzten Mal renoviert worden“, erzählt die Lehrerin Barbara Larisch. „Man kann sich vorstellen, wie es da ausgesehen hat.“Mit der Aktion wollten die LehrerInnen klar machen, was alles liegenbleibt, wenn sie zwei Stunden mehr unterrichten müssen, zuzüglich Vor- und Nachbereitung. Sollte die Bildungssenatorin die pinselschwingenden LehrerInnen den Unterrichtsausfall vom Gehalt abziehen, dann wird es darum eine rechtliche Auseinandersetzung mit Unterstützung der GEW geben, kündigte Gewerkschaftssprecher Gosch an.

Ohnehin gibt sich die Gewerkschaft sehr gelassen. „Wir haben in allen Schulen gute Resonanz“, erzählt Gosch. „Und wenn die Politik sich weiter so einbetoniert, dann werden wir den Protest in der nächsten Woche ausweiten.“Daß sich etwas an der harten Haltung der Bildungssenatorin ändern könnte, scheint ausgeschlossen. „Die GEW muß unsere finanziellen Rahmenbedingungen endlich mal zur Kenntnis nehmen“, kommentierte gestern Ressort-Sprecherin Erika Huxhold. Die Proteste seien schlicht „nicht zeitgemäß. Es wäre schon besser, die Gewerkschaft würde sich auf neue Arbeitszeitmodelle einlassen.“ J.G.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen