■ Vorschlag: Frierende Braten – Anette Munk in der Galerie im Parkhaus
Ein Fest erwartet sie im Parkhaus. Das unter einer Plane verschwundene Gefährt der Gastgeber steht bescheiden abseits. Sie lugen in die Küche, wo die Hausfrau ihre Arbeit hinter sich gebracht hat. Schließlich lenken sie ihre Schritte ins letzte Gemach: plauschende Gäste stehen dort zusammen. Nein, kein Traum. Und doch nicht wahr. Nur eine Inszenierung von Andeutungen, eine Ansammlung von Objekten im Raum, von metaphorischer Software. Die 1962 in Erfurt geborene Anette Munk hat Violine und das Goldschmiedehandwerk gelernt, bevor sie zu szenischem Agieren mit Objekten und „kontextuellem Improvisieren“ überging.
Der Kontext ist das Parkhaus. Oder nein, die Galerie im Parkhaus. Tatsächlich gibt es eine Pförtnerloge. Doch dort hängt ein aus Papiermaché, Draht und Federn gefertigtes luftiges weißes Gebilde, männlichen Beinkleidern nicht unähnlich: „Pförtners Traum“. Das Foyer des Parkhauses ist leer. Gedacht als Parkplatz, denn Markierungen auf dem Boden verdeutlichen dies. Und seitlich, in einer Raumausbuchtung, zeichnen sich unter einer Schutzhülle die Umrisse eines Autos ab. Berührt man das angebliche Fahrzeug, gibt es jedem Druck sanft nach und schaukelt. Software – ganz wörtlich. Auf die nüchtern-unterkühlte Eingangshalle folgen hellere, gastlichere Räume. Ein kaltes Buffet auf langgestrecktem Tisch. Hier endlich scheint das festliche Beisammensein manifest. Doch ein genauerer Blick enthüllt, daß nicht saftiges Fleisch sich ornamental prostituiert, sondern violett und olivgrün gescheckte Textilstücke mit Gliedstummeln aus Plastik: Textilien für „frierende Braten“.
Die Situation kippt ganz ins Surreale in der Kammer, die man nicht betreten kann: „Denkmal für die unbekannte Hausfrau“ ist eine riesige, von der Decke hängende Reibe aus Papiermaché und Draht, deren Abrieb aus Federn sich auf dem Boden häuft. Zuletzt gelangt der Besucher in das Zimmer der „Konversation“. Hier findet ein „Gespräch zwischen vier Kleidern“ statt. „TEXTilien“ hängen in Form langer wallender weißer Kleiderhüllen von oben herab.
Ein schwebendes Ensemble irrealer Gäste bildet den Höhepunkt dieser stummen Schau, die Komik und Leichtigkeit mit sehnsuchtsvollem Grusel verbindet. Verhüllung und Enthüllung verstricken den Eindringling und schaffen einen imaginären Raum, der zur Bühne eigener Entwürfe wird. Michael Nungesser
Puschkinallee 5, Treptow, bis 25. April, Mi.-Sa. 15-19 Uhr
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